Washington. Für die US-Demokraten ist es ein Wagnis mit ungewissem Ausgang. Fünf Jahrzehnte nach dem offiziellen Ende der Rassentrennung stellen sie als erste große US-Partei mit Barack Obama einen Afroamerikaner als Präsidentschaftskandidaten auf.

Die Hautfarbe des Kandidaten ist Thema im Wahlkampf - und manche Demoskopen halten es für möglich, dass sie wegen latenter rassistischer Vorurteile bei manchen Wählern ein Nachteil für ihn sein könnte. Rassismus ist in den USA allerdings eine tabubehaftete Gesinnung, zu der sich kaum jemand offen bekennen will. Dies erschwert Parteistrategen die Prognose darüber, wie stark solche Vorbehalte gegen Obama tatsächlich sein könnten.

Democratic presidential candidate US Senator Barack Obama and his wife Michelle arrive at Minneapolis/St.Paul International Airport in Minneapolis, Minnesota, June 03, 2008. Obama on Tuesday, June 3, 2008 clinched the Democratic party presidential nomination race, US media said. AFP PHOTO/Emmanuel Dunand
Democratic presidential candidate US Senator Barack Obama and his wife Michelle arrive at Minneapolis/St.Paul International Airport in Minneapolis, Minnesota, June 03, 2008. Obama on Tuesday, June 3, 2008 clinched the Democratic party presidential nomination race, US media said. AFP PHOTO/Emmanuel Dunand © AFP

Der Rassismus-Experte Anthony Greenwald von der University of Washington hat umfangreiche demoskopische Daten aus den Vorwahlen der Demokraten untersucht: «Ich fürchte, die Schlussfolgerung daraus muss lauten, dass Obamas Hautfarbe im Wahlkampf eher ein Nachteil ist als ein Vorteil», resümiert der Psychologieprofessor gegenüber AFP. Für seine Studie hat Greenwald Ergebnisse von Umfragen vor den Vorwahlen in einzelnen Bundesstaaten mit den tatsächlichen Wahlergebnissen dort abgeglichen. Sein Befund: In der Hälfte der untersuchten Staaten schnitt Obama deutlich schlechter gegen seine Konkurrentin Hillary Clinton ab als es die Aussagen der Umfrage-Teilnehmer erwarten ließen.

USA "weniger weiß als je zuvor"

Dieses Phänomen haben Demoskopen bei farbigen Kandidaten für politische Ämter in den USA so oft beobachtet, dass sie dafür einen eigenen Begriff prägten: «Bradley-Effekt». Namensgeber ist der frühere Bürgermeister von Los Angeles, Tom Bradley, der 1982 für das Amt des Gouverneurs von Kalifornien kandidierte und entgegen allen Umfragen, die ihm einen haushohen Vorsprung prognostiziert hatten, die Wahl verlor. Erst hinterher ermittelten die Experten den Grund: Viele Weiße hatten in der Umfrage angegeben, für Bradley stimmen zu wollen, weil sie vor den Demoskopen nicht als Rassisten dastehen wollten. In der Intimheit der Wahlkabine stimmten sie dann aber doch für den Gegner.

Es gibt also eine Kluft zwischen öffentlichem Bekenntnis und tatsächlichem Wahlverhalten. Doch längst nicht alle Experten erwarten dies auch für Obama. «Die Annahme, dass der 'Bradley-Effekt' auf Obama zutrifft wie auf frühere Kandidaten, halte ich für unrichtig», sagt etwa der Politik-Professor Tom Schaller von der University of Maryland. Zum einen seien die USA «weniger weiß als je zuvor». Erstmals würden Nicht-Weiße mehr als ein Viertel der Wähler stellen, sagt Schaller - zumeist Afroamerikaner oder Latinos. Zum anderen stimmten Wähler mit rassisischen Vorbehalten ohnehin eher für die Republikaner, egal wer der Kandidat der Demokraten ist. «Obama ist wählbar, ich glaube nicht, dass seine Hautfarbe ihn disqualifiziert», sagt Schaller.

Unbestritten ist, dass es bei Vorwahlen in einigen Staaten einen eklatanten Unterschied im Wahlverhalten zwischen schwarzen und weißen Wählern gab - vor allem in jenen industriell geprägten Bundesstaaten im Nordosten, wo viele Wähler zur weißen Arbeiterschicht gehören. In Ohio etwa stimmten nur 34 Prozent der Weißen für Obama, 64 Prozent für Clinton. «Hautfarbe spielt definitiv eine Rolle im Wahlverhalten der weißen Arbeiterklasse», sagt der Demoskop Clay Richards von der Universität Quinnipiac in New York. «Es gibt ältere weiße Wähler, die es nicht über sich bringen dürften, einen Schwarzen zum Präsidenten zu wählen.» (afp)