Die Parteien verschicken Wahlwerbung per Post. Die Adressen der Wähler bekommen sie von den Meldebehörden - ganz legal. Doch die Bürger müssen das nicht hinnehmen.

Der Briefkasten voller Werbung vom Pizza-Service oder vom Discounter in der Nachbarschaft – für viele ein Normalzustand. Doch in letzter Zeit findet sich zwischen den Hochglanzprospekten auch immer wieder Post, die man dort nicht erwartet hätte: Werbung von Parteien, persönlich adressiert an potentielle Wähler.

ProNRW verschickt rechte Parolen per Post

Im aktuellen Kommunalwahlkampf in Nordrhein-Westfalen nutzt das zum Beispiel die rechtsextreme Gruppierung „ProNRW“. Sie verschickt ihre Parolen wie „Komm auf den rechten Weg“ per Post an ausgewählte Bürgerinnen und Bürger, die meist völlig überrascht sind – schließlich haben sie ihre Adresse nie an irgendeine Partei oder politische Gruppierung weitergegeben.

Die Adressen erhalten die Parteien ganz legal von den Meldebehörden der Städte und Gemeinden. Auf Antrag dürfen diese den Parteien Namen und Anschriften einer „Gruppe von Wahlberechtigten“ mitteilen. Die einzigen Beschränkungen dabei: Diese Gruppen dürfen nicht mehr als zehn Geburtsjahrgänge umfassen und jede Partei darf pro Kommune nur die Daten von zwei solchen Gruppen abfragen – bei geschickter Wahl der Jahrgänge immer noch ein beträchtlicher Anteil an der gesamten Wählerschaft.

"Im Sinne des demokratischen Wettbewerbs entschieden"

Manchmal erhalten die Parteien dabei sogar mehr Datensätze als ihnen gesetzlich zustehen: In Mülheim hat die SPD die Datensätze aller Wähler ab 65 Jahren beantragt – und bekommen. Rund 39.000 Datensätze von Mülheimer Senioren stehen der Partei somit zur Verfügung.

„Der Gesetzgeber hat sich im Sinne des demokratischen Wettbewerbs dafür entschieden, den Parteien die Möglichkeit zur Datenabfrage zu geben“, erklärt Bettina Gayk, Sprecherin der Behörde des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW.

Bürger können Datenweitergabe verbieten

Es gibt allerdings eine Möglichkeit, das zu verhindern: Jeder Bürger kann der Meldebehörde untersagen, seine Daten an Wählergruppen und Parteien weiterzugeben. Dazu genügt ein kurzer Brief an die Meldebehörde des eigenen Wohnorts mit dem Wortlaut:

"Ich widerspreche der Übermittlung meiner Daten an politische Parteien, Wählergruppen und andere Träger von Wahlvorschlägen."

Ein solcher Widerspruch wirkt dauerhaft, er muss für kommende Wahlen nicht wiederholt werden.

Wer einmal Wahlwerbung bekommen hat, muss nicht befürchten, von jetzt an dauerhaft im Visier der Wählerjäger zu sein. Die Parteien dürfen die Adressdaten, die sie für eine Wahl bekommen, nicht für zukünftige Wahlwerbe-Aktionen speichern. Spätestens einen Monat nach der Wahl müssen sie die Daten löschen.