Brüssel. Die EU-Wettbewerbskommissarin und der Chef der EU-Anti-Betrugsbehörde erhielten den Preis des Europäischen Steuerzahlerbundes. WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach unterstützte in seiner Laudatio den Kampf gegen die öffentliche Verschwendung.
Jedes Jahr versickern in Europa Riesensummern an Steuergeldern; in Deutschland sind es laut Steuerzahlerbund rund 30 Milliarden Euro – rund fünf Prozent aller Staatsausgaben. Doch wer sich mutig gegen Korruption, Betrug und Verschwendung einsetzt; wer ständig den Finger in die Wunde legt und auf Missstände hinweist, muss oft mit heftigen Widerständen rechnen. Gestern Abend wurden EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes und Franz-Hermann Brüner, Chef der EU-Anti-Betrugsbehörde Olaf, vom Europäischen Steuerzahlerbund in Brüssel ausgezeichnet für ihren furchtlosen Einsatz gegen die öffentliche Verschwendung. WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach hielt die Laudatio auf die Preisträger: „Noch gibt es sie, die mutige Frau und den aufrechten Mann“, lobte er in seiner Rede vor 400 Gästen in der Bayerischen Landesvertretung.
Der Europäische Steuerzahler-Bund
Der Europäische Steuerzahler-Bund vertritt die Interessen der Steuerzahler in Europa.
Er ist ein unabhängiger Zusammenschluss von 29 nationalen Steuerzahlerorganisationen – vertreten sind nicht nur EU-Länder, sondern auch Staaten wie Georgien, Russland oder die Ukraine. Ziel der Organisation ist es unter anderem, gegen die öffentliche Verschwendung zu kämpfen. Der „Bronzene Stier“ geht jedes Jahr an EU-Politiker und Persönlichkeiten, die sich gegen Betrug und Korruption einsetzen. Es ist einer der bedeutendsten Preise in der EU.
Tatsächlich wird die Niederländerin Neelie Kroes hinter vorgehaltener Hand wegen ihrer Furchtlosigkeit gerne als die Eiserne Lady Brüssels bezeichnet. Hombach nennt sie lieber eine „Diana“ der erfolgreichen Jagd auf wirtschaftskriminelles Hoch- und Niederwild. Sie scheue sich nicht, auch die ganz Großen anzugehen, wenn diese mal wieder den Wettbewerb lästig finden, sagte er. „An der Schauwand ihres Kaminzimmers hängen illustre Trophäen kapitaler Böcke wie RWE, Eon oder Microsoft.“ Allein im vorigen Jahr hatte die EU-Wettbewerbsbehörde rund 3,3 Milliarden Euro Bußgelder ausgesprochen. So ist vielen noch die Rekordstrafe gegen den Düsseldorfer Konzern ThyssenKrupp in Erinnerung – rund 479 Millionen Euro Bußgeld musste das Unternehmen zahlen, weil es in ein Kartell von Fahrstuhl- und Rolltreppenherstellern verwickelt war. Neelie Kroes selbst sieht den Preis als Ansporn, an dem strengen Kurs zu halten: „Der Preis weist uns immer darauf hin, dass wir nicht nur einer Theorie oder Ideologie dienen sollen oder uns selbst – sondern allen EU-Bürgern“, erklärte sie.
Franz-Hermann Brüner wiederum sorgt als Chef der EU-Anti-Korruptionsbehörde dafür, dass Betrügereien aufgedeckt und verfolgt werden. Allein im Jahr 2006 konnten dank Olaf Schäden zu Lasten der Gemeinschaft in Höhe von 1,2 Milliarden Euro aufgespürt werden. „Unerschrocken und schlau durchleuchtet er neblige Winkel, ruhet und rastet nicht, wenn er Korruptheit und Unrat gewittert, bohrt dann – dem Zahnarzt gleich – tiefer und immer noch tiefer, wissend: Erst wenn es schmerzt, ist man an der richtigen Stelle“, betonte Hombach in seiner Rede. Brüner sicherte zu, die Prävention von Unregelmäßigkeiten, Betrug und Korruption weiter voranzutreiben. Allerdings müsse dabei die EU-Entwicklungs- und Katastrophenhilfe stärker als bisher in den Blick geraten. „Die EU muss hier ihre Vorbildfunktion ernst nehmen, um glaubwürdig in den Empfängerländern darauf bestehen zu können, dass die Hilfsgelder gewissenhaft kontrolliert werden.“
Seit 1999 verleiht die Europäische Steuerzahlerorganisation als begehrte Trophäe einen bronzenen Stier an EU-Politiker und Persönlichkeiten, die Betrug und Korruption den Kampf angesagt haben – als Symbol für Stärke und Durchsetzungsvermögen. Neelie Kroes und Brüner fügen sich damit ein in eine Reihe illustrer Preisträger – der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Wim Duisenberg, gehört ebenso dazu wie Luxemburgs Ministerpräsident Jean Claude Juncker, der ehemalige EU-Rechnungshof-Präsident Bernhard Friedmann oder Hombach selbst, der vor sechs Jahren den bronzenen Stier bekam, weil er als EU-Sonderkoordinator des Stabilitätspakts für Südosteuropa besonders sparsam mit Steuergeldern umgegangen war.