Manchmal handelt man im Affekt. Auch Regierungen. Angela Merkels Atomausstieg – nach Fukushima – war so ein Beispiel. Auch ihr Irak-Krisenmanagement ist, sagen wir mal: situative Politik. Im Krebsgang ging es voran, mehr seit- und rückwärts als geradeaus. Fast jeder Tag brachte eine neue Haltung, sodass jetzt nur eines klar ist: Alles ist möglich, auch Waffenlieferungen aus Deutschland. Die USA, schuldig an der Instabilität im Irak, sind diesmal gut sortiert. Ihr Präsident will eine Art Kalifat verhindern und hat reagiert: schnell, militärisch, druckvoll, nicht ineffektiv. Zehntausenden Jesiden gelang es, über das Sindschar-Massiv zu flüchten. Der Vormarsch der IS-Terroristen wurde gebremst und Iraks Ministerpräsident Maliki weggedrängt.

In Berlin wurde die Regierung von den Ereignissen überrollt und aus dem Urlaubsmodus herausgerissen – buchstäblich beim Außenminister. Die IS-Terroristen handeln schnell, rücksichtslos und sind autark; schwer zu sagen, wer auf sie Einfluss hat. Im Vergleich dazu ist der Syrien-Krieg ein berechenbarer Konflikt, mit festen Gesprächspartnern, auf diplomatisch festgeklopftem Terrain. Auf den IS-Terrorkrieg musste man sich in Berlin erst einmal einstellen. Erst wollte man humanitäre Hilfe leisten, dann allein nicht-tödliche Waffen (seltsame Wortschöpfung) liefern, zuletzt schloss Merkel nichts mehr aus. Fazit: Viel Gewissensberuhigung. Und noch mehr: Verschleierung.

Nehmen wir die Kanzlerin mal beim Wort: „Wir nutzen den Spielraum, den uns der politische und rechtliche Rahmen für Rüstungsexport gibt.“ Das suggeriert, es gäbe einen Rahmen – und damit Grenzen des Handelns. Aber wenn die Woche eine Klarheit erbracht hat, dann die: Beim Rüstungsexport liegt die Messlatte so hoch, dass man darunter hindurch durchschlüpfen kann. Die Regierung kann exportieren, was sie für politisch geboten hält und begründen kann. Mit Hinweis auf einen drohenden Völkermord kann man alles rechtfertigen.

Wer für Ordnung sorgen will, sollte keine Waffen liefern, sondern – wie im Kosovo – militärisch eingreifen. Das wäre konsequenter, aber kommt natürlich nicht infrage. Die Debatte über Waffen ist doch ein wenig feige.