Nach den Anschlägen des 11. September 2001 versicherte Gerhard Schröder den USA Deutschlands uneingeschränkte Solidarität. Wenn Barack Obama nicht Obacht gibt, wird aus Solidarität bald uneingeschränkte Animosität. Ein Jahr nach Edward Snowden taugen die unfreundlichen Spionage-Akte, die Washington auf deutschem Boden mehr dilettantisch als Respekt abnötigend aufführt, als Brennstoff für ein Szenario, das in mehrheitsfähigen Anti-Amerikanismus münden kann.

Sind die USA willens, einen so hohen Preis zu bezahlen für den Anspruch auf globale Vorherrschaft bei den Geheimdiensten? Man muss befürchten: ja. Auch der Rauswurf des obersten US-Schlapphuts in der Botschaft in Berlin wird daran nichts ändern. Es fehlt die Einsicht in eine Kurskorrektur. Dabei gibt es Alarmsignale zu genüge.

Überwachungswahn bringt kaum Erfolge

Die Kollateralschäden des Überwachungswahns übersteigen bereits heute bei weitem den Nutzwert der gewonnenen Daten. Weder wurde der furchtbare Anschlag auf den Marathonlauf in Boston verhindert. Noch erkannten die digitalen Fahnder das Erstarken von Mörderbanden im syrisch-irakischen Niemandsland.

Nicht nur in Europa, auch in den USA dämmert es vielen: Die unvorstellbare Menge, die NSA & Co. in ihren Datenkonserven-Fabriken anhäufen, ist den Verantwortlichen über den Kopf gewachsen. Statt Sicherheit zu schaffen, ist ein Sicherheitsrisiko entstanden. Dabei wurden und werden tausendfach Bürgerrechte und Privatsphären verletzt; allen gegenteiligen Bekundungen zuwider.

Verhältnis Deutschland USA gespannt

Trotz der Kritik bei schmollenden Verbündeten wie Deutschland sind aber keine Signale für einen Rückbau des Molochs zu erkennen. Der Geheimdienstapparat, mit seinen Verästelungen in die milliardenschwere, Technik liefernde Industrie, führt ein geduldetes Eigenleben. Ernährt von einem Trauma: Nie wieder 9/11.

Obama fehlen die Antennen für die Langzeitwirkung dieser von Furcht dominierten Politik. Sie vergiftet das Zusammenleben der Völker. Das Verhältnis zwischen Amerika und Deutschland, auch bei den Geheimdiensten, wird immer das zwischen Koch und Kellner bleiben. Aber irgendwann wird jedes Tablett zu schwer. Washington wird das wohl erst begreifen, wenn die Gläser klirren.