Erneut haben Islamisten in Nigeria rund 60 Mädchen und Frauen als Geiseln entführt, darunter auch Kleinkinder. Vor Wochen löste die Entführung von 300 Schulmädchen einen Sturm der Empörung aus: “Bring back our girls“. Wo bleibt jetzt der Aufschrei? Wo sind Michelle Obama und Angelina Jolie?

Michelle Obama legte eine Pause im Fitness-Studio ein und hielt mit traurigem Blick ein Blatt in die Kamera, auf dem stand: „Bring back our girls“. Andere Prominente von Kai Pflaume und Marie-Luise „Mutter Beimer“ Marjan bis Angelina Jolie taten es der amerikanischen First Lady nach. Die Schauspielerin Anne Hathaway stellte sich mit einem Megafon auf die Straße und rief die gleiche Parole. Die unvermeidliche Internet-Nervensäge Kim Kardashian twitterte eilig, wie „herzerweichend“ sie die Sache fand. Bei Facebook fanden sich schnell weitere Unterstützer aus dem Showbusiness.

Betroffenheit, wohin man auch blickte.

Die Entführung von rund 300 Schulmädchen durch die islamistische Terrorbande Boko Haram in Nigeria löste vor Wochen einen Sturm der Empörung aus. Vor allem Prominente stürzten sich auf die im weltweiten Netz angestoßene Protestaktion. Doch alsbald entpuppte sich die schlagzeilenträchtige Promi-Aktion vor allem als eines: nämlich als PR-Kampagne in eigener Sache.

Man musste einfach dabei sein. Wer sich nicht schnell genug ein Plakat mit dem „Bring-back-our-girls“-Spruch pinseln konnte, setzte zumindest einen Unterstützungs-Tweet bei Twitter ab oder reihte sich in die Liste der Facebook-Freunde ein. Die Kampagne für die gekidnappten Schulmädchen versprach hohe Sympathiewerte beim Publikum, ohne dabei zu riskieren, sich in politischen Fallstricken zu verfangen. Welch eine Chance! Das durfte man nicht verpassen.

Und heute? Inzwischen hat sich der „Bring-back“-Hype gelegt – und damit augenscheinlich auch das Interesse der Promis am Schicksal der nigerianischen Mädchen. Mit dem wohligen Gutmenschen-Gefühl, das Richtige getan zu haben, hat man die Protest-Plakate in die Ecke gelegt. Anne Hathaway geht nicht mehr auf die Straße und auch Kim Kardashian hat sich offenbar neuen Projekten zugewendet. Es gibt ja noch so viel zu tun. Jedenfalls für ein paar schlagzeilenträchtige Tage. In totaler Betroffenheit, versteht sich. Nigeria? Schulmädchen? War da was?!

Übrigens: Erneut haben Islamisten in Nigeria rund 60 Mädchen und Frauen als Geiseln entführt, darunter auch Kleinkinder. Wo bleibt der Aufschrei? Wo sind Michelle Obama und Angelina Jolie?