Es sind nicht die reichen Länder, es ist nicht Europa, das den Menschen Zuflucht vor Krieg, Gewalt und Not gewährt, es sind arme Länder wie Pakistan oder Libanon. Deutschland stiehlt sich nicht aus der Verantwortung, doch angesichts der Flüchtlingskatastrophe sind die Anstrengungen zu gering.
Über als 50 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Das sind mehr als Spanien Einwohner hat. Ein ganzes Land macht sich auf – unvorstellbar. Es sind dramatische Zahlen, die das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen nennt, sie übersteigen das Vorstellungsvermögen. Konkreter wird es, wenn man einen Namen hat, ein Gesicht vor Augen sieht.
Zum Beispiel das von Abdi aus Somalia. Mit 15 Jahren gilt ein Junge dort als erwachsen. Er musste sich entscheiden, ob er der islamistischen Schabab-Miliz beitreten oder seine Heimat verlassen sollte. Seine Alternativen lauteten: kämpfen, sterben oder fliehen. Er war Monate lang auf der Flucht, überquerte schließlich mit einem Plastikboot das Mittelmeer und überlebte die gefährliche Überfahrt. Sollen wir Menschen wie Abdi abweisen?
Nicht viele Flüchtlinge haben so viel Glück wie er, nur wenige erreichen Europa. Dennoch wird von einer Flüchtlingsflut geredet, doch in Wahrheit ist es ein kleines Rinnsal. Die allermeisten Flüchtlinge bleiben in Afrika oder in den Nachbarländern ihres Heimatstaates. Es sind nicht die reichen Länder, es ist nicht Europa, das den Menschen Zuflucht vor Krieg, Gewalt und Not gewährt, es sind arme Länder wie Pakistan, Iran, Kenia, Äthiopien oder Libanon. In dem kleinen Land ist bald jeder vierte Mensch ein Flüchtling. Deutschland stiehlt sich nicht aus der Verantwortung, doch angesichts der Flüchtlingskatastrophe sind die Anstrengungen zu gering.
Europa hat noch immer keine politische Strategie für das Flüchtlingsproblem gefunden. Die grundsätzliche Frage, wie verhindert werden kann, dass einige Länder wie Italien oder auch einige Städte in Deutschland dies ausbaden müssen, ist bis heute nicht befriedigend beantwortet. Dabei ist klar: Der Zufluss wird nicht abebben, sondern weiter anwachsen. Abschottung ist keine Option. Es muss darum gehen, die Not in den Heimatländern wirksam zu lindern, den Flüchtlingen zu helfen und ihre Verteilung so gerecht und sozialverträglich wie möglich zu regeln. Deshalb müssen sich die EU-Länder rasch über Aufnahmequoten einigen. Denn Jungen wie Abdi haben das Recht auf eine Lebenschance.