Wenn Gutachter 15 bis 20 medizinische Dissertationen pro Jahr annehmen, liegt der Verdacht nahe, dass die Qualität zu kurz kommt. Wie sollen da Schummeleien auffallen? Es liegt an den Fakultäten, strengere Maßstäbe zu entwickeln.

Doktor light oder Doktor Dünnbrettbohrer – so lauten die gängigen Vorwürfe gegen die medizinische Dissertation. Das ist ungerecht, weil sie pauschal auch gute Arbeiten abwerten. Doch hat die Medizin an der Langlebigkeit dieses Klischees selbst mitgewirkt. Keine andere Promotion hat in der Wissenschaft einen ähnlich schlechten Ruf. Sie ist meist dünner, inhaltsärmer und wird rascher verfasst als andere Doktorarbeiten. Zudem wurde sie zur akademischen Massenware. Ohne Titel verlassen nur wenige angehende Ärzte die Uni.

Wenn Gutachter 15 bis 20 medizinische Dissertationen pro Jahr annehmen, liegt der Verdacht nahe, dass die Qualität zu kurz kommt. Wie sollen da Schummeleien auffallen? Es liegt an den Fakultäten, strengere Maßstäbe zu entwickeln, wissenschaftliches Arbeiten früh zu vermitteln und das Vier-Augen-Prinzip bei der Bewertung der Dissertationen einzuführen. Und warum schreiben viele Mediziner bereits während ihres ohnehin anspruchsvollen Studiums oft auch an ihrer Promotion? In allen anderen Fächern geschieht dies nach dem Examen. Studenten fühlen sich in der Zwickmühle: Der Titel ist vielen lästige Pflicht, doch wichtig für die Karriere. Ein guter Arzt aber kann man auch ohne „Dr.“ werden.