Gastgeschenke müssen mit Augenmaß gemacht werden. Fallen sie zum falschen Zeitpunkt zu groß aus, können sie den Empfänger übermütig machen. Wie es sich mit dem üppigen Präsent verhält, das Angela Merkel Barack Obama in Washington zukommen ließ, muss sich noch zeigen. Mit dem quasi regierungsamtlichen Verzicht auf die Befragung von Enthüller Edward Snowden in Deutschland hat die Kanzlerin dem amerikanischen Präsidenten in der Affäre um den Geheimdienst NSA ein Signal gegeben, das missverstanden werden kann: als Kapitulation vor einer Supermacht. Mindestens aber als demutsvolle Geste. Und als Bereitschaft zum Schlussstrich.

Man möchte davon ausgehen, dass die Kanzlerin abseits der harmlosen Prosa der offiziellen Verlautbarungen diesem Eindruck bei ihrem vierstündigen Arbeitsbesuch im Weißen Haus entgegengewirkt hat. Auch wenn die Krise um die Ukraine und die unter keinem guten Stern stehenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA klare Priorität besaßen – das Thema NSA ist für sie nicht durch.

Für Merkel ist die Chuzpe, mit der Washington seit Monaten alle Vertrauensbrüche um die NSA aussitzt, ein unverändertes Ärgernis. Aber Ausdruck einer Realität, die frau nicht ändern kann. Es gibt keinen Einblick in ihre Geheimdienstakte. Es gibt auch kein Abkommen über den wechselseitigen Verzicht auf Spionage („no spy“). Es gibt für Deutschland nicht mal ein Upgrade. Heißt: raus aus der geheimdienstlichen Holzklasse, in der sich etwa Pakistan befindet, rein in die Lounge der befreundeten, zuverlässigen Partner. Und es gibt erst recht kein Eingeständnis der USA, dass die Gigantomanie der NSA kontraproduktiv ist und Weltunfrieden stiftet.

Was es gibt, ist vielleicht eine vertrauensbildende Maßnahme light: Schutzbestimmungen bei der Datensicherheit, wie sie für Amerikaner gelten, auch auf Ausländer anzuwenden. Damit würde Washington anerkennen, dass Privatsphäre ein universelles Gut ist, das nicht nach Belieben ignoriert werden darf. Für Merkel hätte das praktischen Wert. Es könnte daheim den Groll über die Lex Snowden dämpfen. Dazu aber muss sich der Präsident den Vorschlag seiner Experten zu eigen machen und gegen Widerstände aus der Sicherheits-Community verteidigen. Tut er das, hat er akzeptiert, dass die Aufgeregtheit nicht nur in Deutschland über den ungezügelten Daten-Hunger der NSA keine künstliche ist. Tut er das nicht, hätte er seine wichtigste Partnerin in Europa mit leeren Händen nach Hause geschickt. Obama ist am Zug.