Bislang hat der Westen kein Mittel gefunden, den Expansionsdrang Wladimir Putins nach der Annektierung der Krim zu bremsen. Alle verhängten Sanktionen haben in Moskau keinen Sinneswandel ausgelöst. Im Gegenteil.

Was macht man, wenn die Person, die man bestrafen will, mehr Schmerz aushält als derjenige, der die Peitsche schwingt? Im Konflikt um die Ukraine könnten sich US-Präsident Barack Obama und die Europäische Union nach dem jüngsten unerfreulichen Telefonat mit Moskau schon bald vor diese Frage gestellt sehen.

Bislang hat der Westen kein Mittel gefunden, den Expansionsdrang Wladimir Putins nach der Annektierung der Krim zu bremsen. Alle verhängten Sanktionen haben in Moskau keinen Sinneswandel ausgelöst.

Im Gegenteil. Der Kreml leugnet die von ihm angezettelten Unruhen im Osten der Ukraine und verfolgt mithilfe einer gut geölten Propaganda-Maschine beharrlich seine Ziele: Destabilisierung der Ukraine; Unterlaufen der Präsidentschaftswahlen Ende Mai; Delegitimierung der Übergangsregierung in Kiew; Disziplinierung durch die Androhung eines Energiestopps.

Putin, so glaubt das Weiße Haus, will das Land im Zustand ständiger Hysterie halten. So soll der Reiz verblassen, den eine pro-westlich eingestellte und wirtschaftlich prosperierende Ukraine auf andere Länder in der früheren Herrschaftszone Moskaus ausüben könnte.

Ein Krieg der Worte, der mit jedem Tag schaler wird

Putin ist auf diesem Weg nicht nur erfolgreich, weil der Westen militärisch im toten Winkel sitzt und selbst auf Waffenlieferungen an ­Kiew oder Nato-Truppenstationierungen an den Rändern Russlands verzichtet, um die Eskalation nicht anzuheizen.

Putin spürt, dass Obama auch bei dem letzten Druckmittel wohl keinen Durchsetzungswillen zeigen wird. Der US-Präsident hat sich vom Kongress alle Vollmachten geben lassen, um die auf Rohstoff-Export angewiesene russische Wirtschaft kaltzustellen. Dass er sie nicht nutzt, liegt an den Europäern. Sie wären die Leidtragenden, würde Russland den Gashahn zudrehen.

Obama pokert hoch. Um sich die innenpolitisch seine Schwäche witternden Republikaner vom Leib zu halten, spitzt er rhetorisch knapp unterhalb der „Rote-Linien-Politik“ in Syrien die Drohkulisse gegenüber Moskau zu. Ein Krieg der Worte, der mit jedem Tag schaler wird.