Der Versuch, Russland international zu isolieren, ist falsch. Anstatt den nächsten G-8-Gipfel mit Russland auszusetzen, hätte der Westen auf einen sofortigen Gipfel dringen müssen. Wer Putin isolieren will, nimmt sich selbst die letzten Einflussmöglichkeiten und spielt dem Kreml-Zaren in die Karten.

So verständlich die Empörung über Russlands Kanonenbootpolitik auch ist – westliche Sanktionen wären der falsche Weg. Auch der Versuch, Russland jetzt international zu isolieren, ist falsch. Anstatt den nächsten G-8-Gipfel mit Russland in Sotschi auszusetzen, hätte der Westen auf einen sofortigen Gipfel dringen müssen. Wer Putin isolieren will, nimmt sich selbst die letzten Einflussmöglichkeiten und spielt dem aggressiven Kreml-Zaren in die Karten.

Handel vor Flagge – gerade das Ruhrgebiet ist mit dieser Devise gut gefahren. Die Beziehungen hiesiger Firmen der Energiewirtschaft zu den russischen Energie-Giganten Gazprom und Rosneft sind eng und traditionsreich. Will man diese Bindungen gefährden? Und zu welchem Zweck? Wie die Wirtschaft, der Handel helfen kann, verfahrene diplomatische Situationen aufzubrechen, hat Ende der fünfziger Jahre niemand Geringerer als Berthold Beitz vorgeführt. 1958 reiste er nach Po­len und in die Sowjetunion, traf sich dort, mitten im Kalten Krieg, mit Moskaus Chruschtschow und legte sich dafür sogar mit dem damaligen Bundeskanzler Adenauer an, musste sich von diesem mangelnde patriotische Verlässlichkeit vorhalten lassen. Beitz war mit seiner ungewöhnlichen Wirtschaftsdiplomatie der Eisbrecher für die spätere Ostpolitik Mitte bis Ende der sechziger und zu Beginn der siebziger Jahre. Dabei machte Beitz sich keine Illusionen über den totalitären Charakter seiner Gesprächspartner Ost, er wusste aber, dass Dialog und ein Netz von wirtschaftlichen Interessen in zubetonierter Zeit mehr bewirken können als das Beharren auf prinzipiellen Positionen.

Das gilt erst recht, wenn man, wie Europa, energiepolitisch erpressbar ist. Die Amerikaner haben hier leicht reden, sie brauchen kein Gas von anderswo her, sie haben Fracking. Und die Ukraine hat von den USA wenig Hilfe zu erwarten, die Krim ist ihr keinen Soldaten wert. Zudem folgt die US-Außenpolitik, darin der russischen vergleichbar, vor allem eigenen strategischen Interessen. Zur deutschen Rolle in Europa und der Welt passen Sanktionen nicht. Wir sollten Vermittler sein, nicht Scharfmacher.