Kameras im Gerichtssaal, und das ist das Hauptproblem der Live-Berichte aus einem Prozess, nehmen jedem der Verfahrensbeteiligten die Unbefangenheit. Es ist schon so schwierig für Zeugen, Angeklagte und Juristen, sich nur auf die Tat zu konzentrieren. Mit Kameras denken sie nur noch an ihre Wirkung.
Direkte Demokratie, größtmögliche Transparenz – auf den ersten Blick passt der Mordprozess gegen Oscar Pistorius in die heutige Zeit. Drei ferngesteuerte Kameras im Gerichtssaal zeigen jedes Detail. Mit einem Schauprozess, wie ihn Diktaturen kennen, lässt sich das nicht vergleichen. Es ist die Forderung vieler, nichts unter den Tisch zu kehren; den Schönen und Mächtigen genau auf die Finger zu sehen.
Positiv ist diese Entwicklung aber nicht zu nennen. Schon der US-Prozess gegen O. J. Simpson hat gezeigt, dass mehr Transparenz und das Live-Gefühl nicht mehr Aufklärung bringen. In Deutschland geht die Justiz gerade bei Sexualprozessen sogar den Weg zu weniger Öffentlichkeit. Nicht nur die Opfer werden geschützt, auch mutmaßliche Täter dürfen als Angeklagte verlangen, ohne Publikum auszusagen – fast schon ein Geheimprozess.
Kameras im Gerichtssaal, und das ist das Hauptproblem der Live-Berichte aus einem Prozess, nehmen jedem der Verfahrensbeteiligten die Unbefangenheit. Es ist schon so schwierig für Zeugen, Angeklagte und Juristen, sich nur auf die Tat zu konzentrieren. Mit Kameras denken sie nur noch an ihre Wirkung.