Die Schweizer fühlen sich vor allem durch die Deutschen in ihrer Identität bedroht. Sie haben zunehmend das Gefühl, Deutschlands 17. Bundesland zu sein. Doch man darf die Debatte nicht rechten Populisten überlassen. Denn es gibt gute Gründe, die Entscheidung der Schweizer für kurzsichtig zu halten.

Die Schweizer haben alle Mahnungen in den Wind geschlagen. Die großen Parteien jenseits der rechtskonservativen SVP, die Gewerkschaften und die Wirtschaft hatten gewarnt, dass die Schweiz ohne die Facharbeiter, Krankenschwestern, Wissenschaftler und Ingenieure aus dem Ausland ihr Wirtschaftsniveau nicht werde halten können. Dass die Eidgenossen dennoch für Zuwanderungsbegrenzung gestimmt haben, muss sehr ernst genommen werden.

Die Schweizer fühlen sich vor allem durch die Deutschen in ihrer Identität bedroht. Die Deutschen seien laut, unhöflich, besserwisserisch und oft schlecht integriert, klagen viele Schweizer, die zunehmend das Gefühl haben, Deutschlands 17. Bundesland zu sein. Anders als für andere EU-Bürger ist es für Deutsche aber ein ungewohntes Gefühl, irgendwo nicht erwünscht zu sein. Die Zuwanderungsdebatte hat mehr Facetten als die Diskussion über Armutswanderung vermuten lässt. Und sie wird Thema im Europawahlkampf werden. Das ist auch richtig. Daten, Fakten, Chancen, Risiken und Ängste gehören auf den Tisch. Man darf die Debatte nicht rechten Populisten überlassen. Denn es gibt gute Gründe, die Entscheidung der Schweizer für kurzsichtig zu halten. Nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen: Das Freizügigkeitsabkommen mit der EU ist gekoppelt an Verträge, die Schweizer Firmen freien Zugang zum wichtigsten Exportmarkt des Landes geben. Auch ein Blick ins kleine Liechtenstein ist hilfreich. Dort ist jeder Dritte zugewandert. Die meisten aus der Schweiz.