Essen. Da wir nun endlich schriftlich haben, WAS die Schwarz-Roten in Berlin planen, wüssten wir auch gern, WER uns künftig regiert. Wir wollen Namen! Doch Union und SPD hüllen sich in Schweigen. Kein Name, nirgends. Sie sagen nicht einmal, welche Partei welches Ressort erhält. Ein Kommentar.
Mindestlohn, Mütterrente, Maut - diesen Koalitions-Dreiklang kennen wir nach wochenlangen Sondierungen und Verhandlungen zur Genüge. Da wir nun endlich schriftlich haben, WAS die Schwarz-Roten in Berlin planen, wüssten wir auch gern, WER uns künftig regiert. Wir wollen Namen!
Doch Union und SPD hüllen sich in Schweigen. Kein Name, nirgends. Sie sagen nicht einmal, welche Partei welches Ressort erhält. Der Grund für die Verschwiegenheit: die schiere Angst vor der SPD-Basis. Würde man jetzt schon öffentlich Ministerämter vergeben, so das hasenfüßige Kalkül der Koalitionäre in spe, könnte die SPD-Mitglieder das Gefühl beschleichen, denen in Berlin gehe es allein um Posten und Pensionen. Doch diese Überlegung ist nicht nur überängstlich, sondern auch ein Misstrauensvotum der SPD-Spitze gegenüber ihrer eigenen Basis.
Natürlich geht es beim Koalitionspoker auch im Posten
Erstens: Natürlich geht es im Koalitionspoker auch um Posten. Das weiß auch jedes SPD-Mitglied. Glauben die Gabriels, Krafts und Co. ernsthaft, eine jetzt öffentlich gemachte Liste mit Namen von SPD-Ministern würde den Genossen solch einen Schock versetzen, dass sie beim Mitgliederentscheid den Koalitionsvertrag ablehnen könnten? Das ist absurd.
Zweitens: Die Ressortverteilung ist Teil einer Koalitionsvereinbarung. Welche Partei für welchen Bereich die Zuständigkeit bekommt, zeigt auch den jeweiligen Einfluss in einer Regierung. Eine Abstimmung ohne die Kabinettsliste ist deshalb nur eine halbe Abstimmung.
Zuschnitt der Ministerien offenbar gleich - ein Fehler
Wie es aussieht, haben Union und SPD am bisherigen Zuschnitt der einzelnen Ressorts kaum oder gar nicht verändert. Auch das ist ein struktureller Fehler, der das regierungsamtliche Arbeiten in den nächsten vier Jahren nicht einfacher machen wird. Denn Deutschland bräuchte zumindest zwei neue Ministerien.
Es ist Zeit für ein Internet-Ministerium. Rund 20 Jahre nachdem das Internet seinen Siegeszug antrat, steht die Politik dem weltweiten Netz immer noch weitgehend hilflos gegenüber. Angela Merkels Freud'scher Versprecher vom Internet als "Neuland" hat Symbolwert. Datenschutz, Urheberrecht und Online-Betrug sind nur drei Schlagworte, die für die großen Probleme der weltweiten Vernetzung stehen. Es ist höchste Zeit, dass die verschiedenen Aspekte dieses revolutionären Mediums in einem Ministerium gebündelt werden. Vorausgesetzt, es findet sich ein Minister, für den das Web kein Neuland ist.
Energiepolitik gehört in eine Hand
Das zweite große Zukunftsthema, das dringend ein eigenes Ressort braucht, ist die Energie. Der überstürzte Abschied von der Kernenergie nach der Fukushima-Katastrophe, das Hin-und-Her bei der Förderung erneuerbarer Energien und der schwierige Abschied von klimakillenden Kohlekraftwerken zeugen nicht eben von einem koordinierten Vorgehen. Die Erfahrung der letzten vier Jahre, als Peter Altmaier als Umweltminister und Philipp Rösler als Wirtschaftsminister in der Energiepolitik mehr gegeneinander als miteinander arbeiteten, ist ein trauriges Beispiel für Kompetenzverteidigung um jeden Preis. Und es zeigt: Die Energie gehört in eine Hand.
Doch offenbar kann sich die Koalition der Ängstlichen nicht zu neuen Ressorts durchringen. Schade. Es wären wäre ein Signal für einen Aufbruch gewesen, dass Schwarz-Rot dringend gebrauchen könnte. Wieder eine Chance verpasst.