Dass Behörden den Fund von 1500 Werken “entarteter“ Kunst verheimlichten, ist verständlich: den Weg der von den Nazis geraubten Werke zurückzuverfolgen, ist eine aufwändige Arbeit. Und Sorgfalt ist unbedingt nötig.
Skandal! – Hätte man beinahe gerufen, als bekannt wurde, dass die Behörden den Fund von 1500 Werken der „entarteten“ Kunst in einer Schwabinger Wohnung zwei Jahre lang verheimlichten. Doch auf den zweiten Blick wirkt es verständlich – nicht nur, weil man wohl in Ruhe nach weiteren Depots und Hintermännern forschen wollte, ohne dass letzte Spuren vernichtet worden wären.
Nein, den Weg der Werke zurückzuverfolgen, die von Nazis geraubt oder beschlagnahmt wurden, ist echte Detektivarbeit. Man kann fragen, warum die Forschung nach der Herkunft von Kunstwerken erst fünf Jahrzehnte nach dem Holocaust zu einem Zweig der Wissenschaft wurde. Fest steht aber, dass es bis heute nicht genügend Experten auf diesem Gebiet gibt, die eine präzise Aufklärung vieler einzelner Fälle bewerkstelligen könnten.
Große Sorgfalt bei der Recherche ist aber unbedingt nötig. Die Frage einer Rückgabe von Raubkunst entscheidet sich nicht am Recht allein. Die Fälle, um die es geht, sind in der Regel verjährt. Es könnte also durchaus sein, dass Cornelius Gurlitt, in dessen Wohnung die 1500 Werke gefunden wurden, in dem einen oder anderen Fall nach den Buchstaben der Gesetze ihr rechtmäßiger Besitzer ist. Es bleibt am Ende eine Frage der Moral, ob man auch nur mit dem Schatten eines Verdachts leben möchte, ein Kunstwerk könnte durch den verbrecherischen Druck der Nazis am Ende in den eigenen Besitz gelangt sein.