Ein Kommentar von Knut Preis zu Europas Haltung zum Abhörskandal

Dies Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs hatte eine ungewöhnlich breite Palette. In die EU-Chronik wird es indes nur wegen eines Themas eingehen: Handyskandal. Angela Merkel bemühte sich, die Debatte über Handy-Gate nicht als Störung des geplanten Gipfel-Ablaufs, sondern als passende Ergänzung zum Thema „digitale Agenda“ (Euro-Chinesisch für „Wirtschaft im Online-Zeitalter“) darzustellen. Doch die jüngste Lieferung des Enthüllers Snowden bringt die EU empfindlich durch- und auseinander.

Zum einen, weil die unakzeptablen Praktiken der Geheimdienste tatsächlich die Lage auf wichtigen Feldern der transatlantischen Kooperation verändern: die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen, die Zusammenarbeit bei der Terrorismus-Bekämpfung durch Übermittlung von Finanz- und Flugpassagierdaten, die Verständigung über Datenschutz-Standards. Über all dem liegt jetzt der Schatten begründeten Misstrauens. Schlimmer ist freilich, dass dieser Argwohn auch die Europäer untereinander entzweit. Wer weiß denn genau, ob deren Dienste sich an das halten, was man von den Amerikanern verlangt? Besonders gegenüber den Briten sind die Zweifel massiv.

So zeigte sich der Europäische Rat zur energischen Reaktion außerstande. Der Vorstoß der Deutschen und Franzosen, mit Washington einen verbindlichen Spionage-Codex auszuhandeln, wurde lediglich „zur Kenntnis genommen“. Auch auf diesem Felde ist Europa nicht einig genug, um den USA wirklichen Respekt für die viel beschworenen „europäischen Standards“ abzunötigen.