Angenommen, Amerikas politische Klasse kommt doch noch rechtzeitig zur Besinnung und beendet mit einem Last-Minute-Kompromiss den Kampf um Macht und Moneten – viel gewonnen wäre damit nicht. Die in sich zerrissenen Republikaner sind zwar eingeknickt. Ihr Versuch, Obamas Reform der Krankenversicherung nachträglich per Erpressung zu annullieren, ist gescheitert. Aber die Konservativen haben sich noch lange nicht ergeben. Nach dem Duell ist in den Uneinigen Staaten von Amerika heutzutage vor dem Duell.
Das liegt nicht an den Meinungsverschiedenheiten zwischen Demokraten und Republikanern. Über 200 Jahre hat die Supermacht mehr recht als schlecht vorgemacht, dass Ausgleich möglich ist. Das System hegte Fanatismus ein und hielt den gröbsten Unsinn aus dem Parlament heraus. Weil auf beiden Seiten genügend Vernunft waltete. Die Zeiten sind vorbei. Pack schlägt sich. Aber verträgt sich nicht mehr.
Der 113. Kongress ist eine Schande für das Prinzip der „checks and balances“. Statt Ergebnisorientierung herrscht Stellungskrieg. Die seit zwölf Tagen andauernde Lähmung von Regierung und Bundesverwaltung spricht für sich: Der Bürger ist nur noch Kanonenfutter.
Das Zwei-Parteien-System ist von Extremisten auf der Rechten gekapert worden. In den USA, wo groteske Verfahren der Volksvertreterauswahl und höchstrichterlich legalisierte Korruption durch unbegrenzte Spenden die Entscheidungsprozesse verseucht haben, winkt ihnen eine Helden-Plakette. Selbstheilungskräfte, die eine Korrektur erwirken könnten, sind kaum mehr zu messen.
Was grassiert zwischen den politisch und kulturell entfremdeten Lagern, ist Sprachlosigkeit. In dieser von Unverständnis und Hass getriebenen Atmosphäre erscheint selbst ein Brückenbauer wie Obama längst wie ein Abbruchunternehmer. Fatal.
Die Nation, die sich irrigerweise immer noch für einzigartig hält, verliert weltweit mit jedem neuen Schwächeanfall weiter an Ansehen. Amerikas chronische Selbstblockaden spielen den Gegnern der Demokratie in die Hände. Putin und Peking reiben sich die Hände.