Cameron und Obama haben die offensichtliche Kriegsmüdigkeit dies- und jenseits des Atlantiks dramatisch unterschätzt. Die Unentschlossenheit in Europa und den USA stärkt ausgerechnet den Massenmörder Assad. Es ist beschämend.
Die Reaktion des Westens auf das Morden in Syrien ist, so wie sie sich jetzt darstellt, ein politisches Desaster. Den wortgewaltigen Stellungnahmen der ersten Tage folgten Unentschlossenheit und Fehleinschätzungen. Von Washington bis London gibt es nur Verlierer.
Verlierer Cameron: Der britische Premier, vehementer Befürworter eines Militäreinsatzes gegen das Assad-Regime, wurde sogar von den eigenen Leuten im Stich gelassen und vom Parlament mitsamt seinen Plänen ausgebremst. Für den ohnehin politisch angeschlagenen Regierungschef ist das eine schmerzliche Schwächung seiner Position.
Unentschlossenheit stärkt Assad
Verlierer Obama: Der US-Präsident steht nun allein da, ohne den bisher engsten Verbündeten in London. Auch in den USA wachsen die Zweifel an einem Militärschlag. Obama hat sich mit seinem Wort von der „roten Linie“, die bei einem Einsatz von Giftgas überschritten sei, sehenden Auges in eine Zwickmühle manövriert: Startet er nun, um das Gesicht zu wahren, einen zeitlich begrenzten Einsatz in Syrien, wird jeder nach dem Sinn des teuren und politisch riskanten Schritts fragen; bläst er die Militäraktion aber kleinlaut ab, steht er als Papiertiger da, dessen Drohungen nicht ernst zu nehmen sind.
Beide, Cameron und Obama, haben zudem die offensichtliche Kriegsmüdigkeit dies- und jenseits des Atlantiks dramatisch unterschätzt. Die Erfahrungen der Kriege in Afghanistan und im Irak mit schweren Verlusten der westlichen Streitkräfte ermutigen nicht eben zu einem neuen militärischen Abenteuer. Zumal die Lage in den beiden Ländern auch nach über zehn Jahren westlicher Militärpräsens nicht eben stabil ist. Auch die möglichen Folgen eines Einsatzes in Syrien wären kaum absehbar.
Das Schlimmste aber ist: Die Unentschlossenheit in Europa und den USA stärkt ausgerechnet den Massenmörder Assad. Er kann nun damit fortfahren, die eigene Bevölkerung zu terrorisieren und zu massakrieren. Ein ernsthaftes Eingreifen des Westens muss der Despot in Damaskus jedenfalls nicht mehr fürchten. Es ist beschämend.