Mit jeder neuen Enthüllung über die Datensammelwut westlicher Geheimdienste steht die Bundesregierung noch ein bisschen schlechter da als zuvor. Eigentlich müsste die Politik jedoch der Schnüffelei und Datenspeicherei die Grenzen aufzeigen.
Fast täglich sickern neue Einzelheiten über die Datensammelwut westlicher Geheimdienste durch – und mit jeder neuen Enthüllung steht die Bundesregierung noch ein bisschen schlechter da als zuvor.
Der Innenminister muss sich in den USA, wo er die Schnüffelei des Geheimdienstes NSA aufs Tapet bringt, mit lauen Versprechungen abspeisen lassen. Die Kanzlerin entzieht sich mit Phrasen den bohrenden Fragen von Journalisten. Der für die Geheimdienste zuständige Kanzleramtsminister ist völlig abgetaucht. Und aus der Ferne spottet der amerikanische NSA-Chef über die Verbündeten in Berlin: „Wir sagen ihnen nicht alles, was wir machen oder wie wir es machen.“ Peinlicher geht es kaum noch.
Gleichzeitig versuchen einige Politiker aus der zweiten Reihe die Parole zu streuen: Was soll die ganze Aufregung? Schließlich seien Geheimdienste dazu da, herumzuschnüffeln. Dass sie dabei die ganze Bandbreite der technischen Möglichkeiten nutzen, sei doch wohl klar. Zur Verteidigung von NSA und Co. führen sie vor allem zwei Argumente an – beide gehen ins Leere.
Erstes Argument: „Das machen doch alle so.“ Als würde das massenhafte Ausspähen privater Kommunikation, das fundamentale Bürgerrechte verletzt, dadurch gerechtfertigt, dass andere ebenso handeln! Wenn es denn wirklich so ist, dass alle Seiten mit allen Mitteln schnüffeln, ist ein Eingreifen der Politik umso wichtiger.
Zweites Argument: „Es wurde doch keinem geschadet.“ Falsch! Es entstand millionenfacher Schaden. Denn jeder Bürger, dessen Telefonat oder E-Mail vom riesigen Datenstaubsauger der NSA erfasst wurde, wurde in seinem Grundrecht der Privatsphäre massiv verletzt. Dazu kommt der Schaden, der durch den erneuten Vertrauensverlust des Bürgers in Staat und Politik entsteht.
Die moderne Kommunikationstechnik verschafft den geheimen Diensten nahezu grenzenlose Möglichkeiten. Deshalb muss die Politik der Schnüffelei und Datenspeicherei die Grenzen aufzeigen. Wenn sie dazu nicht fähig ist – oder gar keine Notwendigkeit dafür sieht –, ist das eine Bankrotterklärung.