So klar, persönlich und emphatisch wie bei seinem Überraschungsauftritt hat Obama noch nie Farbe bekannt – und sich zu seiner. Obama hat keine Antwort auf die Frage, wie man den tief sitzenden Rassismus ausmerzen kann. Aber er spricht ihn endlich offen an.
Wenn es um die historisch bedingten Probleme zwischen Weißen und Schwarzen ging, hat sich der erste schwarze Präsident der USA bislang bemerkenswerte Neutralität auferlegt. Wann immer Rassismus die Schlagzeilen eroberte, versuchte sich Barack Obama als Unparteiischer. So als wäre seine Wahl schon Wandel genug. So viel Passivität hat ihren Preis. Bildung, Arbeitsmarkt, Justiz, Chancengleichheit schlechthin – wer als Schwarzer geboren wird in dem Amerika von heute, hat unverändert schlechte(re) Karten. Wahl und Wiederwahl von Obama haben daran so gut wie nichts geändert.
Dass dies auch für die vielen Vorurteile, die gegenseitige Missachtung und die mannigfachen Empfindlichkeiten zwischen Schwarzen und Weißen gilt, hat der Präsident lange an die Seite geschoben. Versöhnen statt (noch mehr) spalten, schien seine Devise. Die skandalöse Erschießung eines schwarzen Teenagers durch einen hispanisch-weißen Nachbarschaftswächter in Florida und der anschließende Freispruch für den Täter hat Obamas Kalkül verändert.
So klar, persönlich und emphatisch wie bei seinem Überraschungsauftritt hat Obama noch nie Farbe bekannt – und sich zu seiner. Ohne Öl in ein latent züngelndes Feuer zu gießen, hat der Präsident eindringlich beschrieben, was ist: Es gibt in Amerika nicht wenige Menschen, die in ihrem Nächsten per se einen Bösewicht sehen – allein wegen dessen Hautfarbe. Törichte Gesetze und eine Mentalität, die denjenigen mit Straffreiheit belohnt, der auf eigene Faust mit der Schusswaffe für Ordnung sorgt, haben die Tragödie nur begünstigt. Obama hat keine Antwort auf die Frage, wie man diesen tief sitzenden Rassismus ausmerzen kann. Aber er spricht ihn endlich offen an.