Tränengas und Gummigeschosse statt ausgestreckter Hand – Erdogan hat Macht demonstriert, spricht von „Gesindel“ und dem „Ende der Toleranz“. Erdogan, der Wohlstand und Stabilität in die Türkei gebracht hat, demontiert sich selbst.

Wenn so – wie am Dienstag auf dem Taksim-Platz – das Angebot des türkischen Premiers Erdogan zum Dialog aussieht, dann darf man sich über den wachsenden Protest nicht wundern. Tränengas und Gummigeschosse statt ausgestreckter Hand – Erdogan hat Macht demonstriert, spricht von „Gesindel“ und dem „Ende der Toleranz“. Das lässt nichts Gutes erwarten.

Denn der Konflikt um ein Bau-Projekt im Gezi-Park hat sich zu einem Aufstand gegen den autoritären Führungsstil Erdogans entwickelt, zum Aufbegehren gegen die islamisch-konservative Ideologie seiner Partei. Die furchtbaren Bilder vom Taksim-Platz und die Selbstherrlichkeit des Regierungschefs wecken Erinnerungen an den Beginn des Arabischen Frühlings. Erdogan stand dabei stets auf der Seite der Menschen, die für Demokratie auf die Straße gingen. Und nun?

Nun steht er am Scheideweg – und mit ihm die Türkei. Dort sitzen mehr Journalisten in Haft als in China. Dort versucht der Premier jetzt, gegen die sozialen Netzwerke vorzugehen, über die sich der Protest formiert. Erdogan, der Wohlstand und Stabilität in die Türkei gebracht hat, demontiert sich selbst.