Erdogans elbstherrlicher Führungsstil irritiert. Früh hat sich der türkische Premier im arabischen Frühling auf die Seite derer geschlagen, die gegen Diktatoren aufbegehrten. Der Taksim ist zwar nicht der Kairoer Tahrir-Platz, aber die Bilder beginnen sich beunruhigend zu ähneln.
Wirtschaftlich war die Zeit seit dem Amtsantritt des islamisch-konservativen Premierministers Erdogan für die Türkei ein goldenes Jahrzehnt. Doch wie trügerisch auch die politische Stabilität ist, zeigen die Unruhen. Was als Protest gegen die Zerstörung des Gezi-Parks begann, wird zu einem Aufbegehren gegen den zunehmend autoritären Führungsstil Erdogans und die Dominanz seiner islamischen Partei, der AKP.
Istanbul ist nicht Kairo, Erdogan kein Mubarak. Aber sein selbstherrlicher Führungsstil irritiert. Früh hat sich der türkische Premier im arabischen Frühling auf die Seite derer geschlagen, die gegen Diktatoren aufbegehrten. Aber gelernt hat er offenbar nichts. Er ist dabei, seinem Land eine Präsidialverfassung zu verpassen, die dem Staatsoberhaupt eine ungewöhnliche Machtfülle geben soll. Es ist kein Geheimnis, dass Erdogan selbst ins höchste Staatsamt aufsteigen will. Eine Aussicht, die vielen Türken Unbehagen bereitet.
Es begann mit friedlichen Bürgerprotesten gegen das Fällen von Bäumen. Jetzt fordern die Demonstranten den Rücktritt der Regierung. Doch Erdogan hält unbeirrt an seinem Bauvorhaben fest. Mittlerweile Hunderttausende Demonstranten sind für ihn „Extremisten“. Damit treibt der Premier die Eskalation weiter voran, er spielt mit dem Feuer. Der Taksim ist nicht der Kairoer Tahrir-Platz. Aber die Bilder beginnen sich beunruhigend zu ähneln.