Natürlich hat es mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit wenig zu tun, wenn die katholische Kirche Geschiedene vor die Wahl stellt, entweder auf den Job oder auf den neuen Partner zu verzichten. Oder wenn die Ehe verlangt wird, obwohl dem Arbeitnehmer das Zusammenleben reicht. Die Eingriffe vor allem der katholischen Kirche in tiefste Glaubens- und Moralvorstellungen ihrer Mitarbeiter sind jedenfalls gravierend.


Nun kann man entgegnen: Niemand wird gezwungen, in einer kirchlichen Einrichtung zu arbeiten. Doch diese Sichtweise ist zu einfach. Die Kirchen beschäftigen 1,3 Millionen Arbeitnehmer; sie sind somit der zweitgrößte Arbeitgeber. Vor allem wer im sozialen, medizinischen oder erzieherischen Bereich arbeitet, kommt kaum an kirchlichen Einrichtungen vorbei.


Ob Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen: Die meisten kirchlichen Einrichtungen werden von der Allgemeinheit finanziert. Eine Allgemeinheit, von der die Kirche aber einen großen Teil benachteiligt. Längst ist das Thema in der Politik angekommen; selbst engagierte Christen in den Parteien diskutieren heftig – auch über die Kirchensteuer. Obendrein sind Verfassungsklagen angekündigt. Zu sicher können sich die Kirchen nicht sein, dass alles bleibt wie bisher.