Wenn gleich zwei Jahrgänge nach acht oder neun Schuljahren zum Reifetest anrücken, wird es eng in den Prüfungsräumen. Das „Turbo-Abitur“ G8 verschärft den Prüfungsstress, weil wegen des großen Andrangs betreuende Lehrer fehlen.

Grau ist alle Theorie, ab Dienstag beginnt der Praxistest für den doppelten Abiturjahrgang. Wenn gleich zwei Jahrgänge nach acht oder neun Schuljahren zum Reifetest anrücken, wird es eng in den Prüfungsräumen. Dass sich viele Abiturienten als Versuchskaninchen der Bildungspolitik fühlen, ist nachvollziehbar. Das „Turbo-Abitur“ G8 verschärft den Prüfungsstress, weil wegen des großen Andrangs betreuende Lehrer fehlen.

Da es kein Abitur erster und zweiter Klasse gibt, müssen „Turbo-Schüler“ dieselben Aufgaben lösen wie Abiturienten, die neun Jahre Unterricht absolviert haben. Dann erst wird sich zeigen, ob G8-Schüler trotz des Zeitdrucks vergleichbare Leistungen nachweisen können. Die Abiturnote wird in diesem Jahr eine besondere Bedeutung haben: Wenn 130.000 Schüler in NRW das Abitur ablegen, werden die meisten Hochschulen den Numerus clausus (NC) für einen Studienplatz verschärfen müssen – die Konkurrenz wird deutlich größer. Oft reicht schon ein Notenschnitt mit der Zwei vor dem Komma nicht mehr für ein Studium.

Unter den Abiturienten wächst die Angst, dass sie bei der Suche nach einem Ausbildungs- oder Studienplatz leer ausgehen könnten. Dann allerdings wäre das Experiment G8 gescheitert – schließlich sollte durch die Schulzeitverkürzung das Durchschnittsalter der Hochschulabsolventen gesenkt werden. Hohe Wochenstundenzahlen, weniger Freizeit, mehr Büffeln – viele Schüler haben die Anforderungen nur mit zusätzlichen Nachhilfestunden geschafft. Gesamtschulen führen weiter in neun Jahren zum Abitur, auch viele Gymnasien halten an neun Jahren Schulzeit fest. Andere Gymnasien sollten sorgsam abwägen, ob die verkürzte Schulzeit wirklich der Königsweg für ihre Abiturienten ist.