Steckt ein deutscher Lobbyist einem ausländischen Abgeordneten einen gut gefüllten Umschlag zu, um ihn in seinem politischen Verhalten willfährig zu machen, begeht er eine Straftat. Tut er dasselbe mit einem Bundestagsabgeordneten, gibt es bislang keinen entsprechenden Straftatbestand. Mit dieser absurden Rechtslage räumt ein Gesetzentwurf auf, den das Land Nordrhein-Westfalen gestern durch den Bundesrat gebracht hat.

Es ist keine politische Großtat, aber ein Akt der ethischen Hygiene. Denn selbstverständlich kann der Bundesbürger verlangen, dass alle Beteiligten das Schwert der Justiz zu spüren bekommen, die Mandatsträger von ihrem Eid abbringen. Und der lautet auf das Wohl des Volkes und die Verpflichtung auf das eigene Gewissen. Übrigens gilt die Initiative nicht nur für Europa- und Bundestagsabgeordnete, sondern genauso für Volksvertreter in den Landtagen und den kommunalen Gremien. Der Bauinvestor, der sich für die schnelle Schaffung von Baurecht erkenntlich zeigt, geht also künftig ein erhebliches Risiko ein. Der Bestochene ebenfalls.

Dennoch ist, um mit dem Bundespräsidenten zu sprechen, vor „Tugendfuror“ zu warnen. Man kann im berechtigten Streben um politische Hygiene auch das Kind mit dem Bade ausschütten. Wenn sich Abgeordnete oder Bürgermeister nicht mehr einladen lassen dürfen, um ein Spiel der heimischen Spitzenmannschaft live zu verfolgen, dann ist das ebenso absurd. Und der Polizeipräsident, der ein Mittagessen im Wert von 30 Euro selbst zahlen muss, weil es die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, wird in unangemessener Weise beschämt. Das aber ist eine Frage des Gesetzesvollzuges und nicht des Gesetzgebers.