Ist es der Gesellschaft egal? Oder ist sie weiter als die CDU? Es fällt auf, dass die Homo-Ehe – ihre rechtliche Gleichstellung – hierzulande kein Aufreger ist wie in Frankreich. Wenn wir CDU-Generalsekretär Gröhe richtig verstehen, gingen die Wogen auch innerparteilich schon mal höher. Es gab ganz andere Reizfragen, wo mehr Mails, Briefe oder Anrufe in der CDU-Zentrale eingingen, so etwa, als es um die Rolle des Islam ging.

Es wundert nicht, dass Angela Merkel lange zögert. Es entspricht ihrem Naturell wie auch ihrer Rolle. Die Regierung und die Union zu führen, ist ein Drahtseilakt, der am ehesten mit einer Balancierstange, Schritt für Schritt, gelingen kann. Eine zentrale Frage ist die nach der Fallhöhe. Und da hilft der Blick auf die Republikaner in den USA. Denn sie gelten seit der letzten Wahl die Partei des alten weißen Mannes; sie spiegelt die gesellschaftliche Vielfalt nicht wider.

So etwas Ähnliches hat die CDU auch erlebt: in den Großstädten. Von den Republikanern lernen, heißt: aus Fehlern lernen. Die Union müsste mehr Menschen ansprechen, mehr Frauen, Jüngere, Migranten, ja doch, auch Schwule und Lesben. Die Herausforderung besteht darin, viele mitzunehmen, ohne die Stammwähler zu vergrätzen.

Es ist unbegreiflich, wie ein Urteil die Partei so aufscheuchen konnte. Die Karlsruher Richter sprachen nicht aus heiterem Himmel Recht. Ihre Linie war absehbar. Die Union hatte Zeit, sich zu wappnen. Die nächsten Urteile in einer Art Duldungsstarre abzuwarten, ist keine Haltung.

Die CDU solle die Familienförderung neu austarieren und ins Zentrum ihres Programms rücken, wie ihr aus der NRW-Partei nahegelegt wird. So eine (Werte)Debatte wäre spannend. Man müsste sich dafür Zeit nehmen und das Risiko eingehen, dass dann auch mal der Familiensegen schief hängt. Schwierig – in einem Wahljahr. Die Kanzlerin hat offenkundig einen Prozess versäumt, und Ministerin Kristina Schröder fehlt die Autorität, um das nun auszugleichen. Angela Merkel kann froh sein, dass die Familienpolitik auch nicht bei ihrem SPD-Herausforderer zu Hause ist.