Die traditionell liberalen Schweizer stoppen Manager-Exzesse. Werden die Eidgenossen jetzt links?

Von wegen. Mit ihrer Volksentscheidung stärken die calvinistischen Schweizer, skeptisch gegen allen Pomp, der Tugend des Maßhaltens verpflichtet, ihre liberale Wirtschaftsordnung. In Zukunft sollen nämlich nicht mehr Manager über ihre Gehälter befinden, sondern Aktionäre, also die Eigentümer ihrer Firma.

Da passt es, dass der Initiator der Abstimmung kein linker Aktivist, sondern Unternehmer und Sympathisant der rechtskonservativen Volkspartei ist. Thomas Minder kämpft länger als zehn Jahre gegen die Gier angestellter Unternehmensführer. Er begann damit 2001, nachdem die Swissair Pleite ging, die Minder mit seiner Schaffhausener Zahnpastafirma belieferte. Zu verantworten hatte die Pleite Vorstandschef Corti, der für seine zweimonatige (!) Amtszeit fünf Jahresgehälter im Voraus kassiert hatte.

Die ruhige Schweizer Volksseele zum ungewohnten Kochen brachte der Fall des langjährigen, erfolgreichen Novartis-Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden Daniel Vasella. Der sollte eine Abfindung von 72 Millionen Schweizer Franken kassieren, allerdings auch verbunden mit einem Verbot, sein tiefes Wissen bei der Konkurrenz des Pharma-Giganten zu verwenden. Nach großen Protesten verzichtete Vasella auf das Geld. Und damit spielt das Großthema nach Deutschland.

Ausgehandelt hatte den Vertrag von Vasella einer der größten Strippenzieher in der deutschen Industrie, der langjährige Henkel-Chef Ulrich Lehner. Lehner ist auch Nachfolger von Vasella als Novartis-Aufsichtsratschef. Außerdem führt Lehner den Telekom-Aufsichtsrat, sitzt im Kontrollgremium von Porsche, Eon und Thyssen Krupp, wo er in den 80er-Jahren nach eigenem Bekunden noch von Bertold Beitz persönlich eingestellt worden war.

Nun ist die Debatte um maßlose Manager-Gehälter und goldene Handschläge wieder auf der Tagesordnung. Sie ist berechtigt, nicht aus Neid, sondern weil zu viele Manager, ihre Kontrolleure und die Aktionäre es bislang nicht schaffen, Maß zu halten. Die Debatte wird bis ins Kanzleramt spielen. Lehner ist geschätzter Berater Angela Merkels.