Wenn die aufkommenden Winde Anzeichen sind für die Stärke des Sturms auf der Hauptversammlung am Freitag, dann müssen sich der Aufsichtsrat von Thyssen-Krupp und sein Vorsitzender Gerhard Cromme auf einiges gefasst machen. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht Aktionärs-Organisationen Kritik üben bis hin zu Rückzugsforderungen an Cromme. Milliarden-Debakel in Brasilien, Kartell- und Korruptionsfälle, Luxus-Einladungen an Journalisten und Gewerkschafter – da stellt sich auch die Frage nach der Verantwortung der Aufseher.

Bis vergangene Woche konnte sich Cromme seiner Machtposition noch sicher sein. Mit Berthold Beitz („Cromme bleibt“) und der Krupp-Stiftung hat er den Großaktionär auf seiner Seite. Zusammen mit den Arbeitnehmervertretern als Verbündete im Aufsichtsrat durfte er sich behütet fühlen. Nun aber dringt die Debatte um die Erste-Klasse-Behandlung der Gewerkschafter in die Arbeitnehmerfront. Kurzfristig wird das keine Folgen haben, mittelfristig schon. Offenbar brauchen auch die Metaller bei Thyssen-Krupp eine neue Verhaltenskultur. Die Betriebsräte werden sich deutlicher auf die Seite der zahlenden Mitglieder stellen müssen. Das kann gut tun: Ein wenig mehr Widerspruch hätte Thyssen-Krupp jedenfalls geholfen.