Das Jahr hält nun, ein paar Tage lang, den Atem an, es wendet sich dem Kerzenschein zu, den vertrauten Liedern und den Nächsten. Dieser friedliche Ausnahmezustand wird uns gut tun. Auch wenn damit längst nicht alles zu heilen ist. Aber es ist Zeit, sich daran zu erinnern, was wirklich wichtig ist.
Das Jahr hat uns vor sich hergetrieben, und es war, nehmen wir nur alles in allem, kein außergewöhnliches Jahr. Eher eins von der Stange, mit wenigen großen Augenblicken und Katastrophen, die sich halbwegs bewältigen ließen. Ein Jahr, in dessen besinnungsloser Geschäftigkeit sogar das Retten zur Routine wurde, auch wenn hinter dem schönen Samariter-Wort doch nur schwindelerregende Geldverschiebungen stecken. Ohne dass wir begriffen hätten, wer da am Ende wen rettet: der Steuerzahler die Kanzlerin? Europa die amerikanischen Pensionskassen? Die Chinesen den Euro? Der Wirbelsturm Barack Obama? Die Banker ihren Bonus? Oder doch nur jeder sich?
Das Jahr hält nun, ein paar Tage lang, den Atem an, es wendet sich dem Kerzenschein zu, den vertrauten Liedern und den Nächsten. Dieser friedliche, froh gestimmte Ausnahmezustand, der jedes Herz streift, das noch fühlt, wird uns gut tun, einmal mehr. Auch wenn damit längst nicht alles zu heilen ist. Aber es ist Zeit, sich daran zu erinnern, was wirklich wichtig ist.
Wissen wir das noch? Wir ahnen es, wenn wir die Kinder sehen und wie sich ihre Hoffnung, ja Erwartung, dass all ihre Wünsche in Erfüllung gehen mögen, von Minute zu Minute steigert, bis das kleine Ich eins ist mit sich und der großen Welt und schier platzen möchte vor Glück. Das ist es, was wir in ihren Augen schimmern sehen, auch wenn es wie ein Abglanz des Lichterbaums wirkt.
Das Glück der anderen als Teil des eigenen anzusehen und sich dann auch darum zu kümmern – ist das schon von gestern? Nur noch sentimental? Ein Fall für Sonntagsreden und Weihnachtspredigten?
Nein. Es wäre unsere wirkliche Rettung, jenseits aller Euros. Dabei geht es nicht nur um Mitmenschlichkeit. Es geht auch um Zeit zum Überdenken. Zeit, sich nicht erpressen zu lassen von Umständen oder denen, die nur ihr eigenes Wohl im Sinn haben. Es wäre der einzige Weg, sich nicht treiben zu lassen vom Geist der Zeit, von den Umständen, von Dingen. Es wäre vielleicht sogar der Weg, ein Stück von jenem biblischen Frieden auf Erden wahr werden zu lassen, der den Menschen ein Wohlgefallen sein soll. Nicht nur zur Weihnachtszeit.