Der deutsche Bundespräsident trifft den Papst aus Deutschland. Gesprochen haben die zwei so unterschiedlichen Christen buchstäblich über Gott und die Welt. Das mag beliebig klingen, war es aber sicher nicht.

Die Begegnungskoordinaten waren im Vorfeld fast interessanter als die anstehende Begegnung selbst: Der deutsche Bundespräsident trifft den Papst aus Deutschland, der evangelische Theologe das katholische Oberhaupt, der Nichtgeschiedene, gleichwohl Liierte, beugt sich protokollarisch einer Moralvorstellung, die dies alles andere als gutheißt.

So mancher Protestant hat verärgert kritisiert, dass Joachim Gauck auf die Begleitung seiner Lebensgefährtin klaglos und kleinlaut verzichtet habe, doch mag dies nicht weniger als eine Bedingung für den Papst-Besuch im Vatikan gewesen sein.

Nennen wir es diplomatische Höflichkeit, die der Bundespräsident hierbei als Gast an den Tag gelegt hat, mangelndes Selbstbewusstsein sollten wir ihm dabei keineswegs unterstellen. Gauck hat schon an vielen anderen Stellen bewiesen, dass er sich nicht verbiegen lässt, wenn es ihm wichtig erscheint.

Gesprochen haben die zwei so unterschiedlichen Christen buchstäblich über Gott und die Welt. Das mag beliebig klingen, war es aber sicher nicht. Denn für den Politiker wie auch für den Papst gehören beide Begriffe unabänderlich zusammen. Das eint sie in besonderer Weise - und unterscheidet sie von vielen anderen.

Ist es übertrieben, wenn man von „Brüdern im Geiste“ spricht? Vielleicht nicht, wenngleich „Stiefbrüder im Geiste“ passender wäre. Die Protestanten in Deutschland haben jedenfalls keinen Grund, über die Präsidenten-Visite zu grollen und zu schmollen, während die deutschen Katholiken das positive Signal in ihre Richtung sehr wohl als solches interpretieren können.