Bundesweit stürzen die Piraten in allen Umfragen ab. Das politische Leck im Piratenschiff war immer da. Aber erst jetzt, da sich die Neulinge im grauen Alltag beweisen müssen, wird die ganze Schieflage sichtbar.

Der Aufprall ist hart, die Entzauberung in vollem Gange. Bundesweit stürzen die Piraten in allen Umfragen ab. In Nordrhein Westfalen, im Parlament des größten Bundeslandes, spiegelt sich der Abwärtstrend. Das politische Leck im Piratenschiff war immer da. Aber erst jetzt, da sich die Neulinge im grauen Alltag beweisen müssen, wird die ganze Schieflage sichtbar.

Heute zeigt sich, wie sehr ihr Einzug in den Landtag von Zufällen abhing. Getragen vom Reiz des Neuen und vermeintlich Unkonventionellen, begünstigt vom grauen Erscheinungsbild der Linkspartei und verhätschelt von vielen Medien, waren die Piraten zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Platz. In Nordrhein-Westfalen wurde im Mai gewählt, ihre Kandidatur zum Selbstläufer. Dann folgte schnell die Ernüchterung.

Ihre Erwartung, es werde einfach so weitergehen, war trügerisch. Die Hoffnung ihrer Wähler auf frischen Wind im miefigen Politbetrieb hat sich nicht erfüllt. Den selbsternannten Freibeutern fällt inhaltlich zu wenig ein. Auf Dauer sind Transparenz und der Anspruch radikaler Twitter-Öffentlichkeit eben zu wenig, um mithalten zu können. Die Linke wurde stets misstrauisch beäugt – verglichen mit den harmlosen Piraten, die kaum wahrgenommen werden, war sie ein politisches Kraftfeld.

Ihr Verzicht auf Fraktionszwang und ein verqueres Verständnis von Meinungsfreiheit machen es den Piraten zusätzlich schwer: jeder tut, was er will. Pleiten und Pannen häufen sich. Eine Abgeordnete stöhnt öffentlich über lange Plenartage, die sie sich mit immerhin monatlich 10 700 Euro Schmerzensgeld auf Steuerzahlerkosten versüßen lässt. Ein Kollege vergleicht den Verfassungsschutz mit der Gestapo und der Staatssicherheit der DDR. Wo ist der Fraktionschef, der einschreitet?

Machen die Piraten so weiter, werden sie nach einer Legislaturperiode vergessen sein. Eine Laune des Zeitgeists. Sie haben es selbst in der Hand, damit es anders kommt. Dazu benötigen sie aber vor allem Disziplin – und die Einsicht, dass fachpolitische Kompetenz hart erarbeitet sein will. Schaffen sie das nicht, werden ihre Wähler sagen: Sorry, war nur so eine Idee.