Nein, die hungernden Kinder in Afrika haben nichts davon, wenn ich brav meinen Teller leer esse. Den Armen der Welt kann es egal sein, ob ich jedes Jahr 82 Kilo Lebensmittel in den Müll werfe, die Hälfte oder das Doppelte. Was die Hungernden brauchen, sind Arbeit, eine regional ausgerichtete Landwirtschaft, eine gute Verkehrs- und Handels-Infrastruktur sowie stabile politische Verhältnisse. Dennoch ist das schlechte Gewissen angebracht, das zwei Drittel der Menschen noch immer haben, wenn sie Brot, Obst oder Wurst wegwerfen. Denn das ist eine Verschwendung natürlicher und finanzieller Ressourcen. Dabei sind wir Deutschen doch nicht als Verschwender bekannt, sondern als Sparfüchse.

Das ist ein Widerspruch. Der sich erklärt aus einem anderen: dem zwischen unserer alten Jäger- und Sammlermentalität und der modernen Überfluss- und Billig-Kultur. Deshalb können die verdienstvollen Appelle zum Umdenken, die Aufklärung über Haltbarkeitsdaten und richtige Aufbewahrung nur begrenzt wirken. Gleiches gilt für die prinzipiell lobenswerte aktuelle politische Initiative, die bei Erzeugern und Handel ansetzt. Denn es ist die Angst der Supermärkte vorm Verbraucher, der sie dazu bringt, am Abend noch Frischware vorzuhalten, die in der Nacht aussortiert wird, und die Milch zwei Tage vor MHD-Ablauf aus dem Regal zu nehmen, obwohl sie noch fünf Tage problemlos genießbar wäre.

Und wenn die Singles täglich mit dem Auto zum Discounter führen, um die passende Menge frischer und portionsgerecht verpackter Ware einzukaufen, wäre ökologisch nichts gewonnen. Das Hauptproblem ist der gesunkene Respekt vor unseren Lebensmitteln. Aber daran sind nicht nur die Verbraucher schuld, sondern auch die industriell arbeitenden Produzenten.