Der Generalverdacht, unseren Politikern sei nicht zu trauen, wird von den Verdächtigen selbst befeuert. Über Politikverdrossenheit muss man sich nicht wundern angesichts der Schlammschlacht, die nun losbricht.
Was eigentlich ist verwerflich daran, wenn ein Bundestagsabgeordneter auf dem Markt der Redner dank ausgewiesener Expertise und geschliffener Rhetorik hohe Preise erzielt? Wo ist der Skandal, wenn sich dieser Abgeordnete an die Veröffentlichungspflichten des Deutschen Bundestages hält?
Es ist absurd, einerseits Klage darüber zu führen, dass in den Parlamenten immer mehr Berufspolitiker sitzen, die schon deshalb abhängig von ihrer Partei sind, weil sie auf dem Arbeitsmarkt in Ermangelung anderweitiger Berufserfahrung kaum Chancen hätten. Andererseits zieht sich die Kaste der Politiker mit Unterstellungen und Anwürfen im Falle von Steinbrücks Redner-Honoraren nun trefflich selbst in den Dreck: Der Generalverdacht, unseren Politikern sei nicht zu trauen, wird von den Verdächtigen selbst befeuert. Über Politikverdrossenheit muss man sich nicht wundern angesichts der Schlammschlacht, die nun losbricht. Und über den Mangel an Unternehmern und Freiberuflern im Parlament auch nicht.
Natürlich hat das Wahlvolk Anspruch auf Offenheit, Klarheit über die Arbeit ihres Abgeordneten und etwaige Interessenskonflikte. Dann sollen sie eben über die Parteigrenzen hinweg die Veröffentlichungspflichten präzisieren, was diskutiert wurde, aber an Schwarz-Gelb gescheitert ist. Wie übrigens auch die Unterzeichnung der UN-Konvention gegen Korruption, weil die dann auch für Abgeordnete zu gelten hat. Es ist ziemlich eng im Glashaus.
Eines ist aber auch klar. Angesichts der derzeitigen Qualität in der politischen Auseinandersetzung hätte das im Falle Steinbrücks auch nichts genützt. Wer hinter Geschäften eines Abgeordneten Käuflichkeit vermuten will, wird das auch bei detaillierterer Auskunft über Honorare oder Nebenverdienste tun.
Wie geht’s nun weiter im Haifischbecken? Es kommt darauf an, ob der Kanzlerkandidat Steinbrück Fehler macht. Lange abzuwarten, dann die komplette Veröffentlichung der Nebentätigkeiten auf den Cent genau zu fordern, selbst aber nur den Durchschnitt der Honorare veröffentlichen zu wollen, war einer. Es ist Blut im Wasser.