Es war Anfang der Woche in Berlin von führenden Sozialdemokraten schon zu hören: „Wir halten das nicht mehr durch.“ Gemeint war der Zeitplan, den Parteichef Sigmar Gabriel ausgerufen hatte für die Nominierung des SPD-Kanzlerkandidaten: Alle drei Eisen möglichst lange im Feuer.
Nun ist das erste Eisen, der Parteichef selbst, recht früh verglüht. Gabriel hat die SPD zwar mit viel Energie und beachtlichem Geschick wieder in die Spur gebracht, aber ihm haftet immer etwas Flatterhaftes an, was die deutschen Wähler nicht mögen. Die schätzen eher Verlässlichkeit.
Die darf auch ruhig etwas langweilig wirken. Das sprach für Frank-Walter Steinmeier, der aber gegen die CDU-Kanzlerin schon einmal unterlag. Und dem niemand zugetraut hätte, in einer großen Koalition, die nach heutigem Stand die wahrscheinlichste neue Regierungskonstellation ist, den Ton anzugeben.
So blieb nur Peer Steinbrück, der in Nordrhein-Westfalen eine unglücklichere Figur abgab als in seiner Zeit als Finanzminister des Bundes. Kaum zufällig hat dort aber Wolfgang Schäuble soeben angekündigt, für eine erneute Wahlperiode im Bundestag zur Verfügung zu stehen. Die CDU stellte mit Schäuble also das Wahlkampfthema Eurokrise zu. Steinbrücks Einlassungen dazu - widerwillig ließ er sich auf ein Ja zu Eurobonds ein - sind angreifbar, und Schäuble weiß das.
Der Vertrauensbonus, den Steinbrück genießt, wird für das Kanzleramt nicht reichen. Aber sein scharfer Intellekt und sein Humor lassen auf einen überraschungsreichen Wahlkampf hoffen. Gut für die Demokratie.