Hätte die SPD die freie Wahl, sie würde sich nie auf Peer Steinbrück als Kanzlerkandidaten verständigen. Niemand weiß das besser als der Anwärter selbst. Die SPD, welche ihn nominiere, hat er einmal steinbrücksch gespottet, müsse erst noch erfunden werden.

Für eine Kanzlerkandidatin Kraft wären die Genossen frühmorgens vor der Arbeit aufgestanden, um Plakate zu kleben. Werden sie dasselbe für Steinbrück tun, der sozialstaatsorientierte Genossen gerne als „Heulsusen“ verspottet? Wie groß der Abstand zwischen Kan­didat und Partei ist, macht dieser Vorgang deutlich: Die Steinbrück-Nachricht war gestern erst wenige Stunden alt, da musste sich der Kandidat über die „Bild“-Zeitung von den SPD-Arbeitnehmern ­ermahnen lassen, auch nur ja deren teures Rentenkonzept mitzutragen.

Das macht Steinbrücks Dilemma deutlich: Knickt er vor den SPD-Linken und Gewerkschaften ein, verliert er seine Glaubwürdigkeit. Tut er es nicht, verfällt die SPD in Dauerstreit. Merkel hat, abgebrüht wie sie ist, da eher leichtes Spiel.

Steinbrück wird versuchen (müssen), in der politischen Mitte zu punkten. Das ging in der Vergangenheit gleich zweimal schief. Steinbrück verlor – im SPD-Stammland – nicht nur gegen Rüttgers, sondern schaffte es auch nicht, 2009 in Mettmann sein Bundestagsmandat direkt zu holen, obwohl er damals der beliebte Finanzminister in einer Großen Koalition war und weitaus bekannter als seine CDU-Bezwin­gerin Michaela Noll. Und nun wartet eine beliebte Regierungschefin, die zwar schon sieben Jahre regiert, aber immer noch sieben Jahre ­jünger ist als ihr Herausforderer.

Sehr viel spricht dagegen, dass in einem Jahr ein Kanzler Steinbrück eine Rot-Grüne Koalition regiert, nicht zuletzt das Misstrauen der Grünen, die sich in NRW von ihm ­gedemütigt fühlten. Für ihn sprechen indes: Der desolate Zustand von Merkels Regierung, sein Kämpferherz, sein scharfer Verstand, ­seine hinreißende Sprachgewalt.

Und Helmut Schmidt.