In Afghanistan ist wieder einmal geschehen, was nicht geschehen darf. Zivilisten sind bei einem Angriff von Nato-Truppen gestorben. Frauen, deren Befreiung von der Unterdrückung durch Steinzeit-Islamisten eine moralische Rechtfertigung für den Krieg am Hindukusch war. Der Westen hat damals viel versprochen. Den Menschen in Afghanistan, aber auch den Menschen im Irak. Demokratischen Wandel, Wohlstand, Sicherheit. Davon spüren sie wenig. Die zivilen Opfer bei Luftangriffen untergraben die Glaubwürdigkeit der Nato und schüren den Zorn der Bevölkerung. Einer Bevölkerung, die einmal begeistert war vom Sturz der Taliban, die sich aber mehr erwartet hatte von der Besetzung ihres Landes. Einer Bevölkerung, die Angst hat. Viele Menschen in Afghanistan glauben, dass der Westen sie im Stich lassen wird. Sie wissen: Ihre Heimat wird nach dem Abzug der Nato im Jahr 2014 kein stabiles Land sein. Die einheimischen Sicherheitskräfte sind zu schwach, um die Menschen gegen die Fanatiker zu schützen, die aus den pakistanischen Stammesgebieten über die poröse Grenze einsickern.

Das Szenario im Irak zeigt den Afghanen, was ihnen droht: Dort kochen nach dem Abzug der US-Amerikaner wieder konfessionelle Konflikte hoch, die das Land in den Jahren 2004 bis 2007 an den Rand des Bürgerkrieges brachten. Die Gewalt nimmt zu. Die Regierung ist schwach, Ministerpräsident Maliki entwickelt sich zu einem Despoten. Die Korruption blüht, die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Infrastruktur in bemitleidenswertem Zustand. Es gibt viele Menschen im Irak, die den Amerikanern vorwerfen, dass sie ihr Land zerstört haben. Dass diejenigen, die als Befreier kamen, alles schlimmer gemacht haben, als es vorher war.

Sicher – es waren verblendete Fundamentalisten, die den Mob angeführt und aufgestachelt haben, als er in den vergangenen Tagen westliche Botschaften stürmte und westliche Restaurants zerstörte. Aber die Hassbotschaften der Eiferer finden eben auch Gehör und Zustimmung bei solchen Menschen in islamischen Ländern, denen religiöser Extremismus völlig fremd ist. Der Westen hat einfach zu viele Versprechungen gebrochen, zu viele Hoffnungen enttäuscht und sich zu oft anmaßend und überheblich verhalten, als dass solche Botschaften auf taube Ohren stoßen könnten.