Der Tarifstreit zwischen Bahn und Lokführern eskaliert. Die Verhandlungspositionen sind so weit auseinander, dass eine Schlichtung her muss.
Der unerwartete Warnstreik der GDL lässt einem einen bitterbösen Vergleich in den Sinn kommen: Im Alltag der Fahrgäste sind die Lokführer ja meistens zu spät dran – aber wenn es um ihre Interessen geht, sind sie plötzlich allen zeitlichen Erwartungen deutlich voraus.
Jedenfalls hat die rauflustige Truppe um Oberlokführer Claus Weselsky die eigentlich übliche 48-stündige Vorwarnzeit für Ausstände unterlaufen. Und damit die vorbereitenden Planungen der Bahn in weiten Teilen zunichtegemacht. Das kann man als gewerkschaftstaktische Finesse loben, die ordentlich Druck aufbaut. Tatsächlich wird wohl nicht einmal jeder fünfte Fernzug fahren. Sicherlich werden auch die Pendler mit erheblichen Einschränkungen zu kämpfen haben. Das ist für die Bahn natürlich ein Desaster.
Auch die Bahn geht auf Krawallkurs
Dienlich für eine Verhandlungsatmosphäre, in der es zu raschen Ergebnissen kommen kann, war diese Vorgehensweise jedoch nicht. Die Bahn, die ein durchaus verhandelbares Angebot vorgelegt hatte, geht genauso auf Krawallkurs wie die Lokführer und sagt weitere Gespräche ab. Das lässt nichts Gutes erahnen für den Bahnverkehr im Umfeld der Festtage. Auch wenn es über Weihnachten keine Streiks geben soll, wollen sich in diesem Zeitraum Zehntausende Reisende eigentlich aufmachen in den Urlaub oder zu Familienbesuchen. Wer weiß, was dann passiert.
Das Hauptproblem dieses Tarifkonflikts ist, dass die Positionen in einem Kernthema deutlich ausein-anderliegen: Die Bahn wird die von der GDL geforderten kürzeren Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich nicht nur aus Kostengründen ablehnen – sondern auch, weil schlichtweg das Personal fehlt, um die sich daraus ergebenden Lücken zu schließen. Wie es derzeit aussieht, kann nur ein Schlichtungsverfahren eine Annäherung beider Seiten bringen. Die Suche nach geeigneten Persönlichkeiten sollte schnell beginnen.