Lützerath-Proteste im Schatten von Gewalt und Dummheit
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Essen. Von den Protesten in Lützerath bleiben Bilder von Gewalt. Das Dorf steht für eine Auseinandersetzung der Generationen. Ein Kommentar.
Es sind die Bilder von Gewalt, die Massenveranstaltungen in der öffentlichen Wahrnehmung zusehends prägen. Steine und Flaschen fliegen, die Polizei wird mit Pyrotechnik beschossen oder mit Molotowcocktails beworfen. Das gilt für Silvesterkrawalle und Fußballrandale genauso wie für die aktuellen Proteste in Lützerath.
Diese Aktionen sind verstörend und durch nichts zu rechtfertigen, zumal die ungewöhnlich große Gewaltbereitschaft und die hohe Zahl an Verletzten an diesem Wochenende erschrecken. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass dafür in der Regel eine kleine Minderheit verantwortlich ist. Das macht die Aktionen nicht besser, muss mit Blick auf tausende friedliche Demonstranten in Lützerath dennoch berücksichtigt werden.
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Lützerath steht für einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Streit
Denn das kleine Dorf, das seine größte Einwohnerzahl 1970 mit 105 Personen erreichte, in dem 2010 noch 50 Menschen wohnten und heute keiner mehr leben kann, steht für einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Streit in Deutschland, der letztlich auch eine Auseinandersetzung der Generationen ist. Doch der Reihe nach.
Keine zwei Meinungen kann es in der juristischen Bewertung geben, die in einem Rechtsstaat maßgeblich sein muss. Mehrere Gerichtsinstanzen und abschließend das Oberverwaltungsgericht Münster haben klargestellt, dass die Räumung des Dorfes zur Förderung der dortigen Braunkohle durch den Energieversorger RWE rechtmäßig ist. Deshalb setzt die Polizei in Lützerath geltendes Recht durch.
Ein Erhalt von Lützerath würde den Klimawandel nicht stoppen
Andererseits ist das Demonstrationsrecht in Deutschland aus gutem Grund durch die Verfassung geschützt, sofern bei den Protesten selbst nicht gegen Gesetze verstoßen wird. Dass sich ein paar Möchtegern-Helden trotz Sturms in die hohen Baumwipfel flüchten oder sich in einem Tunnel vergraben, dabei ihr Leben aufs Spiel setzen und Letztere sogar mit Sauerstoff von außen versorgt werden müssen, hat dabei allerdings weniger mit dem Recht als vielmehr mit menschlicher Dummheit zu tun.
Natürlich würde ein Erhalt von Lützerath nicht den Klimawandel stoppen und auch nicht die Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 sichern, wie es die selbst ernannten Klima-Aktivisten gern suggerieren. Allerdings steckt in der Ungeduld der jungen Menschen auch ein wahrer Kern. Der weltweite verschwenderische Lebensstil, der auch für die ungezügelte Ausbeutung natürlicher Ressourcen steht, bedeutet eine objektive Gefahr für das künftige Leben auf dem Planeten Erde.
Konflikt um Lützerath: Klimapolitik besteht aus Kompromissen
Was die führenden Köpfe der Klimabewegung, beispielhaft Greta Thunberg für die internationalen und Luisa Neubauer für die deutschen Proteste, in der Öffentlichkeit allerdings bewusst vernachlässigen, ist die notwendige Energiesicherheit, ohne die Leben auch aktuell nicht denkbar wäre. Sich irgendwo hinzusetzen und sich dann in geübten, mittlerweile langweiligen Ritualen medienwirksam wegtragen zu lassen, hat nichts mit Verantwortungsbewusstsein zu tun. Letztlich ist es nur billige Effekthascherei.
Demonstration und heftige Proteste in Lützerath
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Klimapolitik besteht aus Kompromissen, das aktuell Machbare und das für die Zukunft Notwendige bestmöglich zu vereinen. Kompromisslos zu sein, ist einfach, aber nicht zielführend. Das müssen insbesondere die Grünen gerade schmerzhaft erfahren. Was war es für die Chefin der NRW-Grünen, Mona Neubaur, und ihre Partei doch komfortabel, sich im Wahlkampf an die Abbruchkante in Lützerath zu stellen und die Klimabewegten für sich zu mobilisieren.
Die Grünen werden innerlich zerrissen
Jetzt wird die Partei, in der politischen Verantwortung stehend, innerlich zerrissen. Das hat viel mit fehlender Ehrlichkeit zu tun. Dabei kann man durchaus die Meinung vertreten, dass Robert Habeck als Bundesumweltminister und seine Partei- und Amtskollegin Neubaur in NRW einen guten Job gemacht haben. Sie setzten durch, dass die Kohleverstromung im Rheinischen Revier statt im Jahr 2038 schon 2030 endet. Sie retteten damit mehrere Dörfer und sorgten dafür, dass 280 Millionen Tonnen Braunkohle nicht mehr gefördert werden.
In den nächsten Schritten muss es in Deutschland aber endlich gelingen, mit der dringend notwendigen Energiewende voranzukommen. Der politische Dilettantismus in der Energiepolitik, unterschiedliche Partei-Interessen, Egoismen der Bundesländer und die weiterhin überbordende Bürokratie sorgen dafür, dass die Sorgen der kommenden Generationen nachvollziehbar sind.
Proteste in Lützerath: Auch die Polizisten wollen zurück zur Familie
Wobei auch die Köpfe der Klimabewegung ihrer großen Verantwortung gegenüber den zumeist jungen und sehr jungen Menschen, die ihre Idole wie Thunberg und Neubauer teilweise bewundern, stärker gerecht werden müssen. Das heißt vor allem, ihre Organisationen besser gegen die Unterwanderung durch gewaltbereite Linksextremisten zu schützen und sich deutlicher und lauter von Hass und Gewalt zu distanzieren.
Denn auch die Frauen und Männer in Polizeiuniformen wollen nach den Protesten in Lützerath wieder gesund zu ihren Familien zurückkehren – genauso wie das die Demonstranten zu recht für sich in Anspruch nehmen.
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