Weihnachten in Krisenzeiten – da ist schwer, zuversichtlich zu bleiben. Doch gerade in diesen Tagen erleben wir auch viele positive Dinge.

Es ist gerade nicht leicht, Weihnachten als das Fest des Friedens und der Zuversicht zu sehen. Schließlich leiden die Menschen in der Ukraine unter dem furchtbaren Krieg, und auch anderswo auf der Welt wird gekämpft und getötet. Wie die Pandemie trifft der russische Überfall die ganze Welt. Kein Wunder, dass viele ein Ende des Konflikts herbeisehnen, doch danach sieht es nicht aus.

Es kann ja stimmen, dass noch mehr Waffen für die Ukraine Putin irgendwann zurückdrängen. Doch sicher ist das nicht. Darum müssen neben weiterem Druck auch immer Gesprächskanäle nach Moskau offen bleiben. Gar nicht mehr zu reden, kann katastrophal enden.

Solange der Krieg tobt, erleben wir im sicheren Deutschland weiter milliardenschwere Hilfspakete für Rüstung, Wiederaufbau sowie für die Entlastung der Menschen hierzulande. Es gibt bei uns außerdem die Wende von der Energiewende, weiterhin hohe Preise, die besonders die weniger Betuchten treffen.

Der Klimaschutz ist aufs Nebengleis geraten

Quasi nebenbei ist der Klimaschutz aufs Nebengleis geraten. Die hehren Ziele für weniger Schadstoffe in der Atmosphäre gehen gerade im Dunst der fossilen Kraftwerke verloren.

Das alles scheint nicht zur weihnachtlichen Losung „Fürchtet Euch nicht“ zu passen.

Vielleicht aber doch. Denn Krisen bringen auch immer das Gute und Kreative in Menschen hervor. So ist es erfreulich, dass die Deutschen so viel spenden wie selten zuvor: Rund 13 Milliarden Euro werden es 2022 sein. Und das, wo viele Bundesbürger weniger Geld im Portemonnaie haben.

Der Großteil der Spenden geht übrigens in die Not- und Katastrophenhilfe und fließt für Kinder und Jugendliche. Der oft geäußerte Spruch, dass unsere Gesellschaft immer egoistischer und hartherziger werde, kann also nicht ganz stimmen. Die allermeisten Menschen im Land denken an andere und sind mitfühlend. Ziemlich sicher gehören auch Sie als NRZ-Leserin oder -Leser dazu.

Unsere Demokratie hat nicht gelitten

Außerdem haben die Deutschen gezeigt, dass sie sparen können. Der Verbrauch von Energie ging im Vergleich zum Vorjahr um rund 20 Prozent zurück. Natürlich wegen der gestiegenen Preise. Aber wohl auch, um unser Gemeinwesen zu entlasten. Fürs Klima spart wohl nur eine Minderheit.

Doch bleiben wir beim Positiven: Erfreulich ist, dass unsere Demokratie bislang nicht gelitten hat. Ja, es wird kräftig gestritten, doch unterm Strich ist die Zustimmung zu den etablierten Parteien groß. Die Radikalen haben bislang von den Unsicherheiten in der Welt nicht bedeutsam profitieren können. Auch das ist eine gute Nachricht. Und es liegt an uns allen, dass dies auch so bleibt.

Wer zu den Älteren zählt, kann sich noch gut an den Wiederaufbau nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs erinnern. Welche Kraft dafür nötig war, können Jüngere erst im Angesicht der heutigen Konflikte ermessen. Und manch einer entdeckt, wie wertvoll es ist, in einer freiheitlichen Demokratie zu leben. Und in Frieden.

Es hilft nichts, wenn uns die Krisen zermürben und uns den Mut rauben. Erinnern wir uns, wie das Forscherehepaar Sahin in der Pandemie einen Impfstoff entwickelt hat. Niemand hatte damit gerechnet!

Der Arbeitsmarkt ist stabil

Oder blicken wir auf die vielen Ingenieure, Techniker und Handwerker, die gerade den energetischen Umbau unserer Industrie voranbringen. Dass sie gerade so viel zu tun haben, ist auch ein Zeichen dafür, dass sich etwas verändert.

Gut ist auch, dass die weltweiten Lieferketten allmählich wieder intakt sind. Die Energiekosten steigen nicht weiter, der Arbeitsmarkt ist stabil und Steuern und Sozialbeiträge sprudeln. Kein Wunder, dass unsere Wirtschaft trotz Krise besser dasteht als noch vor wenigen Monaten befürchtet. Wer hätte das gedacht?

Kein Mensch kann wissen, wie lange der Krieg noch dauern wird und wie sich die anderen Krisen entwickeln werden. Aber wenn wir den Mut behalten, wenn wir weiter mitfühlen, demokratisch und kritisch sind, dann dürfen wir trotz allem optimistisch sein. Was anderes bleibt uns auch gar nicht übrig.

Fürchtet Euch nicht

Johannes Rau hat einmal gesagt: „Wir dürfen unseren Kindern nicht vorgaukeln, die Welt sei heil. Aber wir sollten in ihnen die Zuversicht wecken, dass die Welt nicht unheilbar ist.“ Das ist wohl damit gemeint, wenn wir heute Abend hören: Fürchtet Euch nicht.

Die NRZ-Redaktion wünscht Ihnen zuversichtliche Feiertage.

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