Das System scheint zu verknöchert zu sein, um sich noch bewegen zu können. Härte ist alles, was die Mullahs im Köcher haben.
Im Iran ist erneut ein junger Mann hingerichtet worden. Sein Name war Majidreza Rahnavard, er wurde am Montag in der Stadt Maschhad öffentlich gehängt. Rahnavard soll bei den Protesten gegen die Regierung zwei Mitglieder der berüchtigten Basidsch-Miliz getötet haben. Er war erst am 17. November verhaftet worden, anwaltlichen Beistand verwehrte ihm das Mullah-Regime. Die Anklage warf ihm „Kriegsführung gegen Gott“ vor, so wie schon dem gleichaltrigen Mohsen Shekari, der am vergangenen Donnerstag gehängt worden war.
Das Regime versucht, Exempel zu statuieren und Terror zu verbreiten. Die Mullahs merken, wie ihnen die Macht entgleitet. Seit dem Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini Mitte September protestieren die Menschen im Iran gegen den Kopftuchzwang und für mehr Freiheit. Sie riskieren ihr Leben, Hunderte sind bereits gestorben. Die Zeit, in der das Regime Proteste mit Gewalt ersticken konnte, scheinen jedoch vorbei zu sein.
Die wenigen Berichte, die aus dem Land herausdringen, lassen das Ausmaß der Wut und die Breite der Proteste erahnen. Es sind nicht nur Schüler und Studenten, die gegen das Regime auf die Straße gehe oder Sitzstreiks organisieren. Längst haben sich auch Basar-Händler oder Öl-Arbeiter solidarisiert, wichtige wirtschaftliche Pfeiler des Regimes geraten ins Wanken.
Die Schwester des Revolutionsführers Ajatollah Ali Chamenei hat die Herrschaft der Mullahs als „tyrannisches Kalifat“ gegeißelt und die Revolutionsgarden aufgefordert, ihre Waffen niederzulegen; der frühere iranische Präsident Mohammed Chatami lobt die Protestparole: „Frau, Leben, Freiheit“ und mahnt, die Forderungen der Protestbewegung ernst zu nehmen.
Das System scheint jedoch zu verknöchert zu sein, um sich bewegen zu können. Härte ist alles, was die Mullahs im Köcher haben. Sklerotische Systeme haben aber die Eigenart, dass sie leicht zerschellen.