Essen. Das Entlastungspaket der Ampel enthält viele gute Ideen, aber ebenso viele Unbekannte. Und für die Gasverbrauchenden findet sich nichts darin.
Das Entlastungspaket der Ampel ist groß und für alle gesichtswahrend, aber in den entscheidenden Punkten noch sehr unkonkret. Die abzuschöpfenden Übergewinne heißen jetzt Zufallsgewinne, damit die FDP mitmacht. Wer sie in welcher Höhe zahlen soll, ist offen. Wie sie auch mit Blick auf die EU rechtssicher umgesetzt werden sollen: offen. Damit ist vor allem offen, wann die Übergewinn-Abgabe kommt und ab wann die Verbraucher entlastet werden.
Da die Regierung den Strompreisdeckel nun versprochen hat, wird sie im Zweifel in Vorleistung gehen müssen, wenn die gute Grundidee einer Zufallsgewinnabschöpfung in einen allzu langen Konflikt mit der Rechtsrealität gerät. Dass ihr Rettungspaket 65 Milliarden Euro schwer sei, kann deshalb nur eine sehr grobe Schätzung sein.
Preisdeckel wird umso teurer, je höher er liegt
Und diese Rechnung enthält weitere Unbekannte: Die Regierung muss noch festlegen, ab wann der Preisdeckel gilt. Auch hier ist Grundidee gut: Sorgt der staatliche Eingriff in den Strompreis dafür, dass er nur bis zu einem Verbrauch von beispielsweise 80 Prozent des Vorkrisenniveaus gedeckelt bleibt und jede weitere Kilowattstunden richtig teuer wird, ist das ein starker Anreiz zum Energiesparen. Doch je höher dieser Deckel gelegt wird, desto teurer wird seine Finanzierung. Und wenn die sich täglich ändernden Übergewinne dann nicht reichen, muss wieder der Staat einspringen, um sein Versprechen zu halten.
Dass die Regierung noch kein fertiges, bis ins letzte Detail durchdachtes und durchgerechnetes Gesetz dazu in der Schublade hat, ist völlig verständlich, dafür ist das Thema zu komplex. Das wirft allerdings die Frage auf, wie die Menschen in Deutschland in den kommenden Wochen und Monaten bei den Energiekosten entlastet werden sollen. Dies umso mehr, weil das Entlastungspaket das mit Abstand größte Problem komplett ausspart: die Gaspreise. Die Energiepauschale erhalten alle, für die Gas-Verbrauchenden reicht sie nicht einmal ansatzweise aus. Die Gaskunden erwartet statt einer Entlastung mit der Gasumlage ab Oktober sogar noch eine Zusatzbelastung.
Gasumlage bleibt ungerecht
Dabei würde der geplante Strompreisdeckel beim Gas noch viel besser passen, die Verbraucher gleichzeitig entlasten und zum Gassparen animieren. Aus Steuern von allen finanziert, wäre ein solcher Gaspreisdeckel auch viel gerechter als die Umlage, mit der allein die Gasverbraucher die angeschlagenen Versorger retten sollen, allen voran Uniper.
Düsseldorfs angeschlagener Energiekonzern ist auch das beste Beispiel dafür, dass sich die Energiekonzerne eben nicht pauschal als Krisengewinner klassifizieren lassen, deren Zufallsgewinne es nun abzuschöpfen gilt. Die Gaskrise hat Uniper zum Pleitekandidaten gemacht, den der Staat nun mit 15 Milliarden Euro retten will. Doch mit seinem Kohlekraftwerk Datteln 4. profitiert Uniper gleichzeitig auch vom hohen Börsenstrompreis, erzielt also auch Übergewinne. Ebenso die Essener Steag, aus anderen Gründen auch keine renditegeile Gelddruckmaschine, sondern ein in öffentlicher Hand liegender Sanierungsfall.
Auch Zufallsgewinnabschöpfung kann die Falsche treffen
Dass sie die Falschen trifft, droht bei der Gasumlage wie nun bei der Zufallsgewinnabschöpfung, nur mit umgekehrten Vorzeichen: Während von der Gasumlage auch gesunde Konzerne profitieren könnten, droht die Zufallsgewinn-Abgabe auch Konzernen, die nicht im Überfluss leben, sondern um ihre Existenz kämpfen. Sie alle werden aber gebraucht, wenn es im Winter in unseren Wohnungen warm und hell bleiben soll.