Das Land steht vor einer doppelten Herausforderung: Kurzfristig dem Energiemangel begegnen, langfristig klimaneutral werden. Kein Widerspruch.

Nehmen wir doch mal das Beispiel Bahn, weil da eh gerade alle drüber reden. Übertragen auf die diversen Krisen unserer Zeit sieht das Szenario ungefähr so aus: Wir rasen im ICE auf einen Abgrund zu und debattieren aber vor allem darüber, dass im Bordbistro jetzt das vegane Gemüsecurry aus ist und zudem die Klimaanlage im Waggon 12 ausgefallen ist. Da ist die Reihenfolge der Schritte logisch: Erst einmal den Zug zum Halten bringen – und dann sehen, dass man die übrigen Probleme löst.

In der Weltwirtschaftsgeschichte ist das leider nicht ganz so einfach: Ja, wir haben ein Energieversorgungsproblem. Ja, wir haben eine daraus resultierende Preisexplosion, und daraus wiederum folgen dramatische soziale Verwerfungen.

Die drohenden sozialen Konflikte sind nur ein laues Lüftchen

Nur: Ein Zurück gibt es in der Energiepolitik nicht. Weil die sozialen Spannungen durch hohe Energiepreise im kommenden Winter ein laues Lüftchen sind gegen die globalen Konflikte, die losbrechen, wenn der Klimawandel, steigende Meeresspiegel, wachsende Wüsten und schrumpfende Äcker zig-Millionen Menschen entweder das Leben kosten oder sie in die Flucht treiben (und raten Sie mal, was bevorzugte Zielregionen sein werden - genau: hier. Und nicht nur, weil wir hier demnächst Bananen in der Zülpicher Börde anbauen können).

Es ist gerade die ärgerliche Tempoverschleppung bei den regenerativen Energien der letzten Jahre und Jahrzehnte, die uns für Despoten wie Putin und fragwürdige Staatschefs im Nahen Osten erpressbar gemacht haben. Was nichts daran ändert, dass wir hierzulande vor einem wirtschaftlichen Zweifrontenkrieg stehen: Die akute Energieknappheit irgendwie zumindest begrenzen, auch mit politisch und ökologisch fragwürdigen Zwischenlösungen. Und gleichzeitig mit aller Macht eine möglichst schnelle, möglichst große energiepolitische Autarkie zumindest in den europäischen Demokratien erreichen.