Das Misstrauensvotum hat Premier Boris Johnson überstanden. Dass er noch im Amt ist, liegt nur daran, dass es keine Alternative gibt.

Man stelle sich vor, die SPD im Bundestag würde Olaf Scholz das Misstrauen aussprechen: Wir hätten eine Regierungskrise, verbunden wohl mit einem Rücktritt. Auf der britischen Insel hingegen macht Premierminister Boris Johnson einfach munter weiter.

In 41 Prozent Ablehnung sieht er kein Problem. So selbstgerecht wirkt er wie Donald Trump. Erschreckend, dass solche Leute immer wieder viele Wähler finden.

Schwere Bürde für die Konservativen

Natürlich ist die Abstimmung eine schwere Bürde für die britischen Konservativen, die Tories. Viele sehen Parallelen zu Theresa May, die nach einer ähnlichen Situation ein halbes Jahr später abtrat. Möglich also, dass auch Johnson bald Geschichte ist. Doch seine Kaltschnäuzigkeit sowie die Tatsache, dass die Konservativen bislang keine personelle Alternative aufbieten können, halten ihn weiter oben.

Dass er den Brexit im Jahr 2020 durchsetzte, schreiben ihm viele auf der Insel weiter auf die Habenseite, auch wenn das Europa schadet. Es hilft ihm auch, dass die Brexit-Folgen nicht so arg ausfielen wie befürchtet. Dennoch schwelen im Vereinigten Königreich viele Konflikte, die Schotten und Iren driften ab. Und wer als Brite krank ist, findet im Nationalen Gesundheitswesen NHS kaum Hilfe.

Er wirkt unglaubwürdig

All diese Probleme haben die Tories nicht gelöst, darum verwundert es, dass allein Johnsons persönliches Verhalten während der Corona-Lockdowns der Anlass für das Misstrauensvotum war. Seiner Partei geht es offensichtlich nicht um politische Fehler, sondern um die Glaubwürdigkeit des Premiers. Weil er trotz Lockdown Party machte, wirkt er unglaubwürdig und bigott. Was auch sonst? Doch dass er Politik eher als Showgeschäft begreift, es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt und die Probleme seiner meisten Landsleute ignoriert – das alles haben sich die Tories nicht getraut zu formulieren.

Was mag wohl die Queen zu allem denken, die jetzt zum Thronjubiläum ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl der Briten forderte? Derzeit gibt es auf der Insel keinen Politiker, der genau dies ausfüllen könnte. Und darum kann Boris Johnson erst einmal weitermachen.