Ob die europäischen Energiesanktionen Russland bis ins Mark treffen , ist ungewiss. Klar ist: Sie treffen auch die Volkswirtschaften des Westens.
Kurz vor dem russischen Überfall auf die Ukraine hatte CDU-Chef Friedrich Merz gewarnt, Russland vom internationalen Zahlungsverkehr Swift abzukoppeln. Das wäre „eine Atombombe für die Kapitalmärkte“, sagte Merz damals. Heute wissen wir, dass Merz die Wirkung dieser Sanktion deutlich überschätzt hatte.
Fraglich ist, ob und wie die Embargos der EU Putins Regime überhaupt beeindrucken. Zwar beziehen die Länder Europas inzwischen deutlich weniger Energie aus Russland, doch weil Gas und Öl auf den Weltmärkten knapp und somit teurer geworden sind, gleicht Putin die geringer gewordenen Mengen eben durch höhere Preise aus. Außerdem strebt er mit Indien oder China neue Absatzmärkte an.
Keine Zukunft für ein langjähriges Geschäftsmodell?
Dennoch verändert die langsame Abkopplung des Westens von russischem Öl und Gas die russische Wirtschaft schon jetzt. Putin erfährt gerade, dass sein langjähriges Geschäftsmodell mit den Staaten Europas keine Zukunft mehr hat. Welche Schlüsse er daraus zieht, ob ihn das endlich einsichtig macht oder noch radikaler – das steht noch in den Sternen.
Letztlich weiß Putin auch, dass die EU-Staaten beim Thema Energie unterschiedliche Ausgangssituationen haben. Es ist ja nicht nur Viktor Orban, der sein Ausscheren mit nationalen Interessen begründet. Auch die Slowakei und Tschechien sind viel mehr als andere Länder von Öl aus Putins Leitungen abhängig. Minister Habeck kann dies publikumswirksam als „Gewürge“ geißeln, aber beim Gas argumentiert die Bundesregierung halt nicht viel anders als Budapest.
Die USA sind unabhängiger
Unterm Strich erkennen alle, dass Sanktionen nicht nur Putin treffen, sondern auch die Volkswirtschaften des Westens.
Allein bei den USA sieht das anders aus. Sie sind recht unabhängig in der Energiebeschaffung, notfalls spülen sie Gas per Fracking aus der Erde. Auch darum verläuft die Diskussion über Sanktionen in Washington ganz anders als in Brüssel. Europa muss daher dringend seinen eigenen Weg in der Krise finden.