Das Neun-Euro-Ticket kommt - und wäre eine großartige Sache, wenn unser Nahverkehrsnetz auf mehr Nachfrage ausgelegt wäre. Ist es leider nicht.

Wenn Bundesverkehrsminister Volker Wissing beim Kauf „seines“ Neun-Euro-Tickets treuherzig in die Kamera spricht, „da müssen wir uns vielleicht an der einen oder anderen Stelle auch mit einem Lächeln begegnen, wenn man mal einen Zug nicht nehmen kann und auf den nächsten wartet“, dann ist das einigermaßen hohntriefend. Da spricht bestenfalls der Bahncard 100-1.-Klasse-Besitzer, zu denen sich Bundestagsabgeordnete zählen dürfen.

Noch eher ist zu befürchten, dass der FDP-Verkehrsminister mit den Realitäten des deutschen Schienenwesens nicht hinreichend vertraut ist. Die drei Probleme der Bahn in Deutschland heißen: keine Züge, keine Strecken, kein Personal. Und das wird sich für diesen Sommer mit dem Neun-Euro-Ticket auch nicht mehr korrigieren lassen.

Die Bahn plant Großbaustellen mit Jahren Vorlauf und sperrt diverse Strecken. Das Personal will und wird im Sommer auch mal Urlaub machen wollen, sogar die mit dem Mangelberuf Lokomotivführer. Und wenn im Normalfall bei Großveranstaltungen an der einen Ecke im Land Züge aus anderen Regionen den Notstand zumindest lindern können, so wird jetzt jede Region für sich sehen, ob und welche zusätzlichen Kapazitäten sie noch auf die Schienen bekommt.

Keine Leute, keine Züge, keine Strecken - die drei Probleme der Bahn

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Doch die – Problem Nummer 3 – sind bereits jetzt vielerorts überfüllt. Fahrpläne so eng gestrickt, dass jede kleine Störung sofort einen Dominoeffekt an Verspätungen nach sich zieht und zusätzliche Züge und neu konstruierte Linien weniger nach Bedarf als nach Fahrplanlücken konstruiert und gefahren werden.

Die Stammkunden des Nahverkehrs werden sich über den Rabatt freuen und sich oft über noch vollere Züge ärgern. Und die Neukunden werden erfahren, was im Nahverkehr klappt und was eher nicht. Und nur im besten Fall werden sie danach zu neuen Lobbyisten für einen besseren, klimafreundlichen Nahverkehr. Gern auch lächelnd. Denn jeder Neukunde, der danach die Politik in die Pflicht nimmt, endlich mehr Geld in Bus und Bahn zu investieren, hat verstanden, was mit dem Ticket eigentlich für uns und die Umwelt erreicht werden sollte.