Die Pressefreiheit ist weltweit zunehmend unter Druck – dabei ist doch so wichtig für die Gesellschaft, Ja zu sagen auch zu unbequemen Fragen.
Wenn unser Politikchef Jan Jessen derzeit aus der Ukraine berichtet, dann passiert es manchmal, dass Leser seine Schilderungen als einseitig bezeichnen. Man müsse doch auch die russische Sicht einnehmen, sagen sie. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden, als Journalist muss man die Dinge stets von mehreren Seiten betrachten. Doch es ist für westliche Journalisten unmöglich, etwa aus den besetzten Gebieten im Südosten zu berichten. Und wer aus Moskau berichtet, darf das Wort „Krieg“ nicht benutzen.
Es ist erschreckend, wie Russland als Land ohne Pressefreiheit ausgerechnet die freie Presse in anderen Ländern beeinflussen will. Und zwar indirekt, indem die staatliche Propaganda über soziale Netzwerke in die Handys oder Heimcomputer der Bundesbürger eingespült wird. Oft geschieht das so geschickt, dass die Nutzer dies gar nicht merken.
Journalisten an der kurzen Leine
Putin selbst hält die Medien in seinem Reich an der kurzen Leine. Augenzeugenberichte wie die von Jan Jessen bekommen Russinnen und Russen nicht zu lesen. Denn jedes autokratisch regierte Land hat große Angst vor einer freien Presse. Nur in Demokratien können Journalisten wirklich frei arbeiten.
Und das gelingt am besten, wenn sie stets Distanz zu den Mächtigen und Einflussreichen halten. Ganz gleich, ob es sich um Politiker, Vorstandschefs oder um Botschafter handelt.
Während es hierzulande und in den meisten Ländern Europas Pressefreiheit gibt, ist sie weltweit auf dem Rückzug. Laut einer Studie leben nur noch 46 Prozent der Menschen in einer Demokratie. 2020 waren es noch rund 50 Prozent.
Die Freiheit muss bewahrt werden
Auch innerhalb der Europäischen Union ist die Pressefreiheit bedroht, besonders bei populistischen Regierungen. Deren Politiker denken ähnlich wie die Diktatoren: Sie alle wollen keine Kritiker und keine unbequemen Fragen. Sie wollen bestimmen, was geschrieben und gesprochen wird. Wohin das führt, weiß jeder. NRZ-Gründer Dietrich Oppenberg hatte dies in der Nazi-Zeit am eigenen Leib erfahren. Wir von der NRZ-Redaktion sind seinem Geist verpflichtet.
Wer freiheitlich und demokratisch denkt, wird Pressefreiheit daher schätzen. Auch wenn sie oft unbequem oder anstrengend ist. Widerspruch und Kritik können nur Demokraten aushalten. Diese Freiheit gilt es dringend zu bewahren.