Die Nominierung des Ex-Verfassungsschutzchefs birgt die Gefahr, das progressive Profil des Kanzlerkandidaten weiter zu verunklaren.
Es ist schon eine bittere Ironie der Geschichte, dass sich ausgerechnet Armin Laschet plötzlich gegen den Vorwurf verteidigen muss, gestrig zu sein oder die Flanke nach Rechtsaußen nicht entschlossen abzudichten. Der Kanzlerkandidat der Union gehört eigentlich zu den fortschrittlichsten Politikern der CDU. Schon in den 80er Jahren stritt er in seiner damals noch tief schwarzen Heimatstadt Aachen gegen den vermufften Mainstream für einen toleranten und wertschätzenden Umgang mit Geschiedenen, Homosexuellen und Andersgläubigen.
In den 90er Jahren warb Laschet für den Euro und die EU, als sich viele in seiner Partei noch an die harte D-Mark und den behaglichen Nationalstaat klammerten. Als erster Integrationsminister Deutschlands räumte er später mit der konservativen Lebenslüge auf, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei. Und in Flüchtlingskrise hielt er trotz des damaligen Höhenflugs der AfD die C-Werte der Humanität als einer der wenigen aus Überzeugung hoch.
Wie konnte es passieren, dass so jemand plötzlich als „Helmut Kohl 2“ verspottet wird? Als jemand, der anders als die frisch wirkende und 20 Jahre jüngere Kanzlerkandidatin Baerbock zurück in die Zukunft wolle?
Die eigene Umfrageschwäche und die große Unruhe an der CDU-Basis zwangen Laschet zuletzt dazu, der konservativen Sehnsuchtsfigur Friedrich Merz ein Comeback zu verschaffen. Der Sauerländer Wirtschaftsanwalt ist das Gesicht eines Schattenkabinetts, das Laschet nie bilden wollte. Gegen die Nominierung des umstrittenen Ex-Verfassungsschutzchefs Maaßen als Bundestagskandidat in Südthüringen konnte Laschet nun mit seiner angekratzten Autorität ebenfalls nichts ausrichten. Er wäre aus Suhl beschädigt zurückgekehrt wie Anfang 2020 seine glücklose Amtsvorgängerin Kramp-Karrenbauer aus Erfurt.
So wird aus Laschets Regierungsmotto „Maß und Mitte“ über Nacht „Maaßen und Mitte“. Der Kanzlerkandidat muss aufpassen, dass er nicht seinen pragmatisch-liberalen Markenkern vollends verunklart. In einem Bundestagwahlkampf, dessen Trennlinie absehbar zwischen Jung und Alt, zwischen modern und gestrig, zwischen bunter „Bewegung“ und grauen Partei-Apparatschiks verlaufen wird, muss er schnell andere Signale senden.