Vize-Ministerpräsident Stamp geißelt den Söder-Kurs, Ministerpräsident Laschet schlägt ihn dann irgendwie doch ein. Was ist da los?

Nordrhein-Westfalens Vize-Ministerpräsident Stamp hat ja Recht mit der Klage, dass man die Bürger mit immer neuen Variationen, Schärfegraden und Befristungen des Corona-Lockdowns nicht vollends mürbe machen dürfe. Allerdings vergisst der FDP-Politiker dabei zu erwähnen, dass vor allem die NRW-Landesregierung besonders wenig dazu beigetragen hat, die Krisenbekämpfungsstrategie normalen Menschen plausibel zu kommunizieren.

Im Oktober wurde die Notwendigkeit eines „Lockdown light“ in Düsseldorf zunächst bestritten, dann genau jener befristet verhängt, schließlich sogar ansatzlos verlängert und verschärft. Und wenn nicht alles täuscht, wartet nun die nächste Volte zum Jahreswechsel. Stamp attackierte noch am Dienstag giftig das "Höher, Schneller, Weiter des Herrn Söder" und gab die Devise des wachsamen Abwartens aus. Keine 24 Stunden später trat am Mittwoch dann sein Ministerpräsident Laschet auf den Plan und sprach sich überraschend für einen "echten Jahreswechsel-Lockdown" nach Weihnachten aus. Man fragt sich, ob es am Kabinettstisch in Düsseldorf noch so etwas wie gemeinsame Strategieberatungen gibt.

Kurssicherheit und Vertrauen vermitteln sich so nicht, obwohl die Zahlen in NRW ja nicht schlechter sind als anderswo. Man kann über die brutalst mögliche Inszenierungslust des bayerischen Ministerpräsidenten Söder spotten, doch wissen die Bürger bei ihm seit neun Monaten einfach, woran sie sind: im „Team Vorsicht und Umsicht“, das dem Gesundheitsschutz und dem Rat der Wissenschaft alles unterordnet. Das kann man unverhältnismäßig finden, aber zumindest herrscht dort Klarheit.

In NRW lässt derweil sogar die vor zwei Wochen beschlossene „Hotspot-Strategie“ weiter auf sich warten. Im Schulbetrieb geht die regierungsamtliche Gesundbeterei munter weiter. Das soll auch bis zum "echten Jahreswechsel-Lockdown" so bleiben, obwohl fast alle Fachleute angesichts immer neuer Horrorzahlen aus den Krankenhäusern ein hartes Umsteuern fordern. So bleibt der Eindruck: Während Söder und andere Ministerpräsidenten längst wieder in der Lokomotive der Corona-Bekämpfung sitzen und auf weitere Einschränkungen zusteuern, verbarrikadiert sich NRW bis zuletzt im Bremserhäuschen. Das Hin und Her wird dem ohnehin mit miserablen Umfragewerten kämpfenden Laschet nach Lage der Dinge auch diesmal nicht gut bekommen.