Essen. Der Weg durch die Coronapandemie ist nervenzehrend. Umso wichtiger wären klare und nachvollziehbare Entscheidungen. Doch daran mangelt es.
Wenn es eine gesicherte Erkenntnis aus dem bisherigen Kampf gegen das Coronavirus gibt, dann lautet diese ganz schlicht: Es gibt keine einfachen Wahrheiten. Auch wenn wir alle es gern anders hätten. Wir wünschen uns eine klare Analyse, klare Vorgaben, klare Maßnahmen und dann die Erfolgsmeldung: Geschafft! Dem ist aber nicht so.
Seit Monaten mühen sich Politiker, Wissenschaftler, Menschen aller Generationen und aller Berufsgruppen, gesund zu bleiben und andere nicht zu gefährden. Dies tut jedenfalls die große Mehrheit in diesem Land. Gleichzeitig erkranken Menschen, sterben Menschen. Andere kämpfen um ihre Existenz, viele von ihnen wissen nicht, wie sie künftig finanziell über die Runden kommen sollen.
Entscheidungen müssen klar, plausibel und nachvollziehbar sein
Wer erfolgreich im Kampf gegen Corona sein will und zugleich die Grundrechtseingriffe minimieren sowie die Wirtschaftskraft retten will, muss auf Sicht fahren. Der muss immer wieder prüfen, wie sich die wichtigsten Zahlen entwickeln und danach handeln.
Das zehrt an den Nerven, sorgt für Unmut. Deshalb ist es umso wichtiger, den Kurs zu halten, Vertrauen zu schaffen, die Menschen mitzunehmen. Das wiederum erfordert Entscheidungen, die klar, plausibel und nachvollziehbar sind und verständlich kommuniziert werden. Genau daran mangelt es.
Wer den harten Lockdown verhindern will, muss im leichten konsequent sein
Was heißt das konkret, etwa in der NRW-Landespolitik? Wer einen harten Lockdown verhindern will, muss den leichten Lockdown konsequent umsetzen. Wer Schulbildung will, muss diese gewährleisten, ohne Lehrerinnen, Lehrer, Schüler und in der Folge deren Familien zu gefährden. Es ist skandalös, dass es in NRW seit Beginn der Pandemie im März nicht gelungen ist, einen geordneten Wechselunterricht zu organisieren. Die eine Hälfte der Klassen erhielte digitalen Unterricht zu Hause, die andere säße im Präsenzunterricht. Erst verbot die Landesregierung um Ministerpräsident Laschet und Schulministerin Gebauer sogar das Wechselmodell, dann erlaubte sie es. Ebenfalls skurril: Morgens schwitzen die Kinder ohne Maske im Sportunterricht in der Halle, nachmittags dürfen sie nicht zum Fußballtraining auf den Sportplatz. Plausibel? Nachvollziehbar? Nein.
Weitere Beispiele: In Theatern, Opernhäusern oder Restaurants, viele mit aufwendigen Hygienekonzepten ausgestattet, findet nichts statt. Zugleich drängeln sich Menschen in Bahnen oder Fußgängerzonen, um am Black Friday den Kaffeevollautomaten etwas günstiger zu ergattern. Oder Gerichte erlauben, dass sich Tausende Menschen (zumeist ohne Masken) bei Protesten versammeln, weil es Corona für sie gar nicht gibt. Nun wurde schon immer für oder gegen manchen Schwachsinn demonstriert, dies geschah aber noch nie in Zeiten einer Pandemie, die Menschen tötet.
Das Virus begibt sich nicht in die Weihnachtspause
Diese Liste ließe sich problemlos verlängern, inklusive der Weihnachts- und Silvesterregeln. Diese scheinen davon auszugehen, dass sich das Virus auch in eine Art Weihnachtsruhe begibt und erst im neuen Jahr wieder aktiv wird. Im Ernst: Die Politik hat im Corona-Gezerre ihren Kompass verloren, nicht nur in NRW. Wer jetzt einen harten Lockdown inklusive aller persönlichen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen fordert, übertüncht damit vor allem das jüngste politische Versagen.
Niemand behauptet, dass es leicht ist, in einer Pandemie politische Verantwortung zu tragen. Aber klare, verlässliche und nachvollziehbare Regeln festzulegen, diese zu kommunizieren und umzusetzen – das muss möglich sein.