Thyssenkrupp zahlt dem Vorstand einen Bonus für „außergewöhnliche Leistungen“ im Corona-Jahr. Das ist instinktlos bei einem Rekordstellenabbau.
Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz steht für eine neue Entschlossenheit und eine neue Bescheidenheit gleichermaßen. Sie will den Konzern gesundschrumpfen, auf dass er dereinst wieder wachse. Keine Tabus und keine Scheu vor harten Einschnitten, lauten ihre Prinzipien. Das lebte sie bisher authentisch vor. Als die Corona-Krise zuschlug, redete sie nicht lange drum herum, was das für die beschäftigten bedeutet: weitere Härten und Verzicht.
Genau deshalb ist die tief im Geschäftsbericht versteckte „Sonderprämie“ für den Konzernvorstand so falsch, so unpassend und so instinktlos. Wer im Frühjahr öffentlichkeitswirksam verkündet, auf einen Teil seiner Gehälter zu verzichten, sollte dieser Linie schon ein Weilchen treu bleiben. Wer Blut, Schweiß und Tränen predigt, sollte selbst bluten und schwitzen.
Darüber, wie viel Manager verdienen sollten, lässt sich immer streiten – und selten geht es dabei fair zu. Der auf drei Mitglieder geschrumpfte Thyssenkrupp-Vorstand hat in diesem Krisenjahr ohne Frage sehr hart gearbeitet. Er hat den Verkauf der Aufzugssparte schnell durchgezogen und einen besseren Preis erzielt als die Märkte erwartet hatten. Und ja: Es ist vor allem der Corona-Krise geschuldet, dass Thyssenkrupp nun trotzdem 11.000 Arbeitsplätze streicht.
Doch dieser traurige Rekordabbau darf nicht auch noch mit einer Erfolgsprämie – und nichts anderes meint „Sondervergütung“ – belohnt werden. Selbst wenn das aufgrund der geltenden Verträge formal sauber sein sollte, passt es in keiner Weise in diese Zeit. Das hätte der Aufsichtsrat erkennen müssen, er trägt die Verantwortung. Und der Vorstand hätte den Bonus ablehnen können – passend zu seinem offensiv verkündeten Verzicht im Frühjahr.